sprachlich beeindruckend, am Ende zu sehr ins Fantastische gehend

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mrs-lucky Avatar

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Antje Wagners neuer Roman „Hyde“ aus dem Beltz-Verlag, ist ein sprachlich beeindruckendes Jugendbuch, das mich inhaltlich leider nicht ganz überzeugen konnte.
Katrina ist 18 Jahre alt und als Tischlergesellin auf der Walz unterwegs. Das ist zumindest die offizielle Version, denn eigentlich finanziert sie mit ihren Jobs ihren persönlichen Rachefeldzug und befindet sich nebenbei auf der Suche nach sich selbst und ihrer wahren Identität. Katrina hat einige schicksalhafte Erlebnisse hinter sich, dazu gehören einige Jahre gemeinsam mit ihrem Vater und ihrer Schwester in einem versteckten Haus im Wald namens Hyde und ein paar Jahre, die sie als Gefangenschaft erlebt hat. Nach einem Unglücksfall ist Katrina im Gesicht entstellt und sie musste erfahren, dass die Wirklichkeit, die sie erlebt hat, vielleicht eine Lüge war. Auf ihrer Suche nach der Wahrheit landet Katrina an einem anderen einsam gelegenen Haus im Wald, das nicht nur in den letzten Jahren stark vernachlässigt wurde und heruntergekommen ist, sondern einige Geheimnisse verbirgt.
Das Buch ist spannend erzählt, Wechsel in den Zeitebenen halten den Spannungsbogen hoch. Während der Leser Katrinas Weg in der Gegenwart folgt, werden in Form von Rückblenden und Erinnerungen immer mehr Details aus ihrer Vergangenheit aufgedeckt.
Das Buch lässt mich zwiegespalten zurück. Einerseits hat mich die detailreiche Sprache und die Nähe zu den Figuren begeistert, andererseits erscheint die Geschichte an einigen Stellen sehr unreflektiert und nicht schlüssig. Katrina fasst beispielsweise zu der Wahrsagerin Josefine Vertrauen, obwohl diese ihr einen sehr ungastlichen Ort als Arbeitsstelle empfiehlt und sie dort absetzt. Eben noch schwer krank mit Fieber kann sie am nächsten Tag eine 12-Stunden-Schicht leisten.
Zum Ende hin bekommt das Buch einen etwas zu fantastischen Einschlag. Das muss man mögen, mein Fall ist es nicht, in meinen Augen nimmt es dem Buch seinen Zauber, auch wenn die Symbolik in Bezug auf das Haus einen reizvollen Ansatz besitzt. Der Schluss kommt sehr schnell und lässt einige Fragen offen, die kitschig anmutende Wendung passt nicht zu dem Bild, das ich zuvor von Katrinas Charakter gewonnen habe.