Endlich mal glaubwürdige jugendliche Charaktere

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melail Avatar

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Endlich mal ein Jugendbuch, dass den Spagat zwischen „cooler Jugendsprache“ und glaubwürdigen Charakteren gekonnt meistert!

Geschichte und Charaktere
Der Autor schafft es in „I can see U“ geschickt, eine sehr aktuelle Thematik in ein spannendes Abenteuer zu verwandeln.
Die Geschichte hat eine recht simple Struktur, wie ich sie für ein Jugendbuch angemessen finde. Es ist quasi ziemlich offensichtlich, welcher Charakter welche Rolle spielt und was dessen Motive sind. Unsere Protagonistin ist dabei stellenweise erfrischend naiv, wie es ein junges Mädchen mit rosaroter Brille sein sollte. Es ist sehr schön, mal keine allwissende und alleskönnende Super-Protagonistin zu haben. Manche Charaktere, beispielsweise die Eltern, bleiben jedoch sehr unnahbar, mehr als Namen und Beruf erfährt man quasi nicht. Aber gerade das passt dann doch irgendwie in die Welt einer Jugendlichen und hat mich demnach auch nicht gestört.
Auch der Verlauf der Geschichte ist relativ vorhersehbar (was mich bei einem Jugendbuch nicht stört), zugleich mich das Ende doch stark überrascht hat, wenn auch sehr positiv. Es werden außerdem zahlreiche Hinweise gestreut, die mich zwar sehr zum Schmunzeln gebracht haben, auf die ich wegen der Spannung aber nicht näher eingehen möchte.
Sehr förderlich finde ich, dass die Geschichte mit der Prämisse beginnt, eine Aufarbeitung der dann folgenden Geschehnisse zu sein. Ich glaube, für mich wäre die Geschichte ohne diesen Prolog nicht halb so spannend gewesen. Man fiebert einfach mit den Protagonisten mit, man möchte wissen, was denn so schlimmes am Ende wirklich passiert ist, auch wenn man schon Kapitel vor den Charakteren das Geheimnis lösen konnte.

Schreibstil
Der Schreibstil hat mir in diesem Buch ausgesprochen gut gefallen. Einerseits klingt er, für jugendliche Protagonisten, nicht zu gehoben. Man sieht zum Beispiel eher simple Ausdrücke wie „die andere“, anstatt „ein anderes Mädchen“, aber auch ein bisschen Denglisch (etwas ist „strange“). Andererseits klingt er auch nicht zu sehr nach dem verzweifelten Versuch, den aktuellen Jugendslang einzubinden. Worte wie „hammer geil“, „cool“ und „fresh“ fallen zum Glück – und ein bisschen erstaunlicherweise – eher selten, wenn überhaupt. Aber auch der Satzbau ist entsprechend einfach gehalten und eher kurz und direkt. Beschreibungen findet man wenige, außer über Dinge, die für unsere Protagonistin von Bedeutung sind. Dabei spielen auch ihre zahlreichen gedanklichen Abschweifungen und Tagträume eine große Rolle, die meiner Meinung nach sehr gut zu einem jugendlichen Charakter passen.

Fazit
I can see U ist ein Jugendbuch und dessen sollte man sich beim Lesen bewusst sein. Man findet hier keinen Krimi à la Agatha Christie, sondern eine einfache und spannende Geschichte für ein ruhiges Wochenende.
Ich finde es sehr schön, dass der Autor in diesem Buch ein so aktuelles Thema anspricht, ohne allzu sehr „typisch erwachsen“ besserwisserisch und belehrend mit der Thematik umzugehen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es vielen Jugendlichen die Augen öffnet, welche Gefahren mit blindem Konsum verbunden sind und sie – hoffentlich - zum Nachdenken anregt.