Eine queere Liebesgeschichte

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Casey McQuiston erzählt von Chloe, die kurz vor ihrem Highschool-Abschluss steht. Ihr Traum: Jahrgangsbeste werden und die Abschlussrede halten. Sie hat nur eine Konkurrentin: Die von allen – außer von Chloe – geliebte und bewunderte Shara Wheeler, Tochter des Direktors der konservativen Willowgrove-Christian-Academy in Alabama. Einen guten Monat vor dem Highschool-Abschluss verschwindet das All-American-Girl Shara plötzlich. Sie hinterlässt nur eine Schnitzeljagd aus rosa Briefen, denen Chloe zusammen mit zwei Freunden folgt.

Sharas Schnitzeljagd hat Casey McQuiston spannend und humorvoll angelegt. Die Frage, was das so beliebte Mädchen verheimlicht, trägt die Geschichte und macht "I kissed Shara Wheeler" zu einem beschwingten Leseerlebnis. Wichtige Themen werden angesprochen. McQuiston zeigt, wie schwer es queere Menschen an einer christlich-konservativen Schule und überhaupt in einer Umgebung haben, in der alles, das nicht der angeblichen Norm entspricht, im Keim erstickt wird. Gefühle werden unterdrückt, Selbstfindung in „abnormale Richtungen“ wird nicht unterstützt. Die Suche nach der eigenen Identität, die Antwort auf die Frage „Wer bin ich eigentlich wirklich?“ wird den Jugendlichen nicht leicht gemacht.

Doch im Laufe der Geschichte werden die Charaktere mutiger. Chloe muss erkennen, dass sie Shara gar nicht so sehr hasst, wie sie sich immer eingeredet hat. Der Football-Star Smith, Sharas Freund, stellt fest, dass es ihm gefällt, Make-up zu benutzen und sein einst bester Kumpel Rory kommt ihm näher als zuvor. Menschen sind eben oft nicht so, wie sie auf den ersten Blick scheinen – was natürlich auch für Shara gilt. Casey McQuiston lässt letztlich eine sehr bunte Welt in einer zunächst so grau erscheinenden Schule entstehen. All ihre Charaktere zeichnet die US-amerikanische Autorin sehr liebevoll und vielschichtig. Überhaupt hat die Autorin einen flotten Schreibstil, der "I kissed Shara Wheeler" zu einem unterhaltsamen Jugendbuch macht.

Nach so viel positiven Worten kommt nun doch noch ein „Aber“. Die Schnitzeljagd hat mir großen Spaß gemacht und die Hass-Liebe der beiden Mädchen fand ich sehr witzig. Doch je deutlicher wurde, worauf das Ganze hinausläuft, desto weniger Feuer versprühte die Geschichte. Die letzten 100 Seiten waren leider wenig mitreißend und meine anfängliche Begeisterung war merklich abgeflaut. Trotzdem kann ich "I kissed Shara Wheeler" als süße queere Liebesgeschichte empfehlen.

Fazit
"I kissed Shara Wheeler" ist eine queere Liebesgeschichte, die an einer wenig toleranten Highschool in Alabama spielt. Casey McQuistons Jugendbuch spricht wichtige Themen an und zeichnet sich durch einen schwungvollen Schreibstil aus. Zum Ende verliert die Geschichte jedoch etwas an Feuer.