Eine bedrückende Autobiographie

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Wenn es statt einer Autobiographie ein Roman wäre dann würde ich sagen, der Autor hat ein bisschen zu dick aufgetragen. Mit dem Wissen um die Authentizität dieser Geschichte ist es erschreckend, was ein Mensch in Deutschland erleben kann. Schonungslos und sehr emotional erzählt Meffire von seiner furchtbaren Kindheit, dem ermordeten schwarzen Vater den er nie kennen gelernt hat, der überforderten und alkoholabhängigen Mutter, dem Verlust des älteren Bruders. Er beschreibt seine Ziellosigkeit, seine Zweifel, seine Suche nach einem sinnvollen Platz im Leben. Vor allem aber sind es die Beschreibung der Zustände im Osten Deutschlands, hier speziell in Dresden, nach dem Fall der Mauer. Die im Sozialismus geduldeten Schwarzen und Ausländer werden gnadenlos verfolgt, ungehindert durch die Polizei und die Justiz. Die Idee, ausgerechnet Polizist zu werden, ist da schon irgend etwas zwischen mutig, idealistisch und dumm. Sehr detailliert beschreibt der Autor (zusammen mit einem Co-Autor, über den man leider überhaupt nichts erfährt) vor allem über sein Leben bis zum großen Absturz in die Kriminalität und die darauf folgende Flucht. Dieses Kapitel kommt mir fast ein wenig zu kurz, denn auch hier lässt dieser Mensch keine Komplikation aus.
Es ist ein beklemmender Roman und keine leichte Kost. Sehr gut gefällt mir, dass Meffire die Geschichte im Buch seinen beiden neugierigen Töchtern erzählt. Die Art, wie er mit ihnen umgeht und mit ihnen spricht ist so liebevoll und herzlich, ein krasser Gegenpol zu seiner eigenen gewaltbeherrschten Geschichte und eine Erleichterung als Lesepause zwischen Hass, Verfolgung und Hoffnungslosigkeit.
Interessant sind die Fotos im Buch, die einem einen kleinen Eindruck der Familie Meffire geben.
Ein Buch für Hartgesottene, die eindringliche Beschreibung eines schrecklichen Beispiels von Diskriminierung und zugleich eine Mahnung gegen Rechte und Neo-Nazis.