Lesenswert, aber kein leichter Stoff

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kasimir Avatar

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Samuel Meffire erzählt sein Leben, das schon unter schwierigsten Umständen begann und beinah im Mahlstrom der Geschichte vorzeitig zu Ende gewesen wäre. Sein Vater, zum Studium aus Kamerun in die DDR gekommen, heiratet die sächsische Christine und sie gründen eine Familie. Als Samuel als ihr zweites Kind auf die Welt kommt, stirbt er unter mysteriösen Umständen. Die Mutter kann den Verlust nie verwinden, wird Alkoholikerin, was die Kindheit insbesondere des jüngeren Samuel schwer belastet. Der Sport ist schon damals ein wichtiger Ausgleich für ihn. Als er 19 Jahre alt ist, kommt die Wende, und er erlebt diese Zeit der Auflösung der alten Strukturen und die Übergangsphase als rechtsfreien Raum, in dem ihn seine Hautfarbe immer wieder in Lebensgefahr bringt. Er will zu den Guten gehören und wird Polizist, der erste farbige im neu gebildeten Freistaat, und deshalb gleichzeitig eine Werbe-Ikone für den ehrgeizigen sächsischen Innenminister, mit dem er später befreundet ist. Der Ruhm hat gravierende Schattenseiten, wie sich herausstellt, und auch der Innenminister wird mit seinen guten Projekten letztlich scheitern. Samuel gerät auf die falsche Seite des Gesetzes, auf unvorstellbare Abwege und folgerichtig für viele Jahre ins Gefängnis, wieder unter Lebensgefahr. Und dennoch kann er im Sommer 2021 seinen zwei kleinen Töchtern, die im Gegensatz zu ihm sicher und wohlbehütet aufwachsen, die Geschichte seines Lebens erzählen, und man freut sich mit ihm, dass er es bis hierhin geschafft hat.

Samuel Meffire ist sicherlich schonungslos ehrlich und sein Buch ein wichtiges Zeugnis für die jüngere deutsche, insbesondere sächsische und Dresdener Geschichte. Dennoch liest es sich zuweilen sehr schwer, seine immer wieder gescheiterten Versuche, auf die Beine zu kommen, ob selbst verschuldet oder durch gnadenlose Ungerechtigkeit bedingt. Außerdem geht er über die dunkelsten Kapitel seines Lebens schnell hinweg, da gibt es nur Andeutungen. Sicher menschlich verständlich, aber es entspricht nicht den Längen an anderer Stelle. Trotzdem verfügt der Autor (und sein Co-Autor) über einen sehr guten Erzählstil und ich hoffe, er schreibt noch andere Bücher. So schwer wie dieses wird ihm keines mehr fallen.