Ein Manifest über Ungerechtigkeiten!

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straßenprinzessin Avatar

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„entschuldige bitte, aber
scheiß auf das tolle Leseerlebnis
ab und zu“ (Seite 117)

Wow, was für ein starkes und wortgewaltiges Buch!

Am Anfang habe ich mich tatsächlich ein kleines bisschen schwer mit dem Schreibstil getan.
Es gibt keinen fließenden Text, sondern die meiste Zeit über tröpfeln einzelne Gedanken Zeile für Zeile so vor sich hin.
Diese sind allerdings keineswegs nichtig, sondern eher das Gegenteil.
Sie Provozieren, prangern an und vor allem legen sie die vielen Fehler im System schonungslos offen.

Folgt man dem Autor erst einmal ein paar Seiten lang, wie er sich in Rage redet (schreibt) ist man ganz schnell drin im Text und verschlingt Zeile um Zeile!

„es ist eine Abwärtsspirale
wenn niemand Kritik verträgt
ich glaube das ist der Untergang der Gesellschaft“ (Seite 94)

Durch die Prosa und den vielen ganz persönlichen Erfahrungen bekommt der Text einen intensiven, wenn auch subjektiven Blickwinkel, der mich oft hat zustimmend nicken lassen, mich selbst hinterfragen lassen und manche Dinge auch ganz neu und anders betrachten lassen.

G. Bech schreibt über das Aufwachsen in der Provinz mit einer Familie die schon seit Generationen am unteren Ende der Gesellschaft steht, über Diskriminierung und Diffamierung von Homosexuellen, über soziale Gewalt und Ungerechtigkeiten. Er schreibt von Überheblichkeiten und (unbewussten) Privilegien, von Identitäten und Klassengesellschaften und immer wieder vom NICHT hinsehen.
Vom nicht wahr haben wollen, dass Menschlichkeit keinen großen Platz neben Geld und Macht findet.

„Macht heißt Zugang zu dem zu haben
was man sich wünscht“ (Seite 166)

Ich finde allerdings, dass trotz der schonungslosen Worte die Hoffnung nicht verloren geht. Ja, er benennt so ziemlich jede Schwäche der Gesellschaft, aber um sich tatsächlich zu ändern muss man es nicht nur wollen, sondern vor allem erst einmal erkennen.

„ich muss euch erzählen was ich gesehen habe
und ihr sollt gezwungen werden zuzuhören“ (Seite 167)

Für mich war dieses Buch tatsächlich eine Bereicherung.
Ich glaube, viele Leser*innen werden sich verstanden fühlen, aber auch neue Denkanstöße finden können.