„Ein Topf hat keinen Namen und ich habe auch keinen Namen“

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rahel.katharina Avatar

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In diesem Buch erzählt uns Jakob seine Lebensgeschichte. Jakob ist ein Niemand, seinen Namen hat er sich irgendwann selbst gegeben. Davor hatte er viele Namen: Pusus (Junge), Maus, Kleiner, Sperling und noch einige mehr. Doch beginnen wir am Anfang seiner Geschichte.
Das Buch startet nach einer kurzen Einleitung, in der Jakob erzählt, wer er ist, damit, dass wir in seine frühste Kindheit, seine frühsten Erinnerungen einsteigen. Diese sind hart. Er sitzt in einer Küchenecke, während jemand wütend Fische entgrätet und ihm die Reste entgegenschleudert, dann ist er Zeuge einer Beinahe Vergewaltigung und einer üblen Schlägerei. Schon nach den ersten Seiten ist klar, das Buch wird kein leichtes Buch sein, es wird Gewalt geben und der noch namenlose Junge ist weniger wert als ein Sklave.
Wir befinden uns in einer Taverne mit Bordell im spanischen Carthago Nova im 4. Jahrhundert nach Christus. Mit dem Jungen kann niemand wirklich etwas anfangen, also beschließt der grobe Audo, der das Bordell leitet, dass der Junge arbeiten soll. Seine Erziehung übernehmen die Köchin, die ganz gerne selbst mal austeilt und eine der Wölfinnen (eine der Prostituierten, die im Obergeschoss arbeiten) mit Namen Euterpe. Euterpe ist mir während des gesamten Buches wirklich sehr ans Herz gewachsen. Sie liebt den Jungen und bringt ihm so viel bei, wie sie nur kann. Euterpe kann lesen, schreiben und rechnen und ist gebildet. Ihr Vater hat ihr damals als sie kleiner war viel beigebracht, was sie jetzt nach und nach an Pusus weitergibt. Wir wissen nicht, wie alt der Junge wirklich ist, aber er beginnt mit Schrubbarbeiten und je größer er wird, desto mehr Arbeit kann er ausführen. Während die Köchin in auf das harte Leben vorbereitet und ihn sogar mit nach draußen nimmt für die Einkäufe und das Wasserholen, will Euterpe ihn beschützen. Meist sitzt der Junge morgens im Garten auf ihrem Schoß, hört sich viele ihrer Geschichten an und lernt dann nach und nach von ihr sogar ein bisschen lesen und rechnen. Wer jetzt aber denkt, na das hört sich doch alles halb so wild an, der täuscht sich. Dieses Buch ist brutal, bedrückend, in weiten Teilen einfach hoffnungslos. Pusus muss das tun, was ihm gesagt wird, als er größer ist holt er morgens Wasser von einem Brunnen, macht in der ganzen Stadt Einkäufe, hilft in der Küche, schrubbt die Böden. Einzig die Zeit mit Euterpe lassen Hoffnung aufkommen. Sie erzählt ihm auch vom Sperling, der frei ist, dass zu tun, was er will. Er kann wie das Huhn am Boden Nahrung suchen, aber auch wie ein Mauersegler davonfliegen. Der Sperling hat es dem Jungen angetan und er wird später selbst immer wieder zum Sperling werden und seinen Körper „verlassen“, während unaussprechliche Dinge mit ihm getan werden. Alles, um den Schmerzen zu entkommen.
Während Euterpe versucht den Jungen liebevoll aufzuziehen und ihn zu beschützen, kommt es nach und nach allerdings dazu, dass er erst in der Taverne mithelfen muss, dann im Obergeschoss. Als dann eine der Wölfinnen ausfällt, kommt es in einer mehr als nur heftigen Szene dazu, dass er von nun an selbst im Obergeschoss als eine der Wölfinnen arbeiten und Freier beglücken muss. Dabei ist er erst ungefähr 10 Jahre alt.
„Mein einziger Daseinszweck ist es, von anderen benutzt zu werden“
Wie gesagt, das Buch ist brutal, ehrlich, erschreckend, zeigt die Abgründe der Menschen auf und man weiß von Anfang an, dass es nur noch schlimmer wird. Die Stimmung ist gedrückt und etwas düster. Jakobs Leben bewegt sich mehr und mehr auf einen Abgrund zu. Er ist schon ganz unten, am unteren Ende der Hierarchie und man weiß ganz genau, sein Leben kann nur noch schlimmer werden. Selbst Euterpes Aufmunterungen, ihre Liebe und ihre Geschichten können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Jakob ein grausames Leben führt. Sie versucht ihn so lange wie möglich zu schützen, gerade vor der Arbeit im Obergeschoss als eine der Wölfinnen. Dennoch muss sie sich irgendwann eingestehen, dass sie nichts zu sagen hat und dem Jungen nicht helfen kann. „Dann lässt sie mich los, als würde sie einen Vogel aus ihren Händen in die Lüfte steigen lassen.“
Das es so kommen musste, sagt ihr auch die Köchin immer wieder:
„Was ich will, spielt keine Rolle…was du willst spielt keine Rolle. Und was er will….Es war doch von Anfang an klar, dass es so kommt.“
Das Buch ist kein Buch für schwache Nerven, es ist harte Kost. Doch der Autor hat es so unfassbar gut geschrieben, dass man vollkommen in die Geschichte gezogen wird und das Buch kaum aus der Hand legen kann. Ein Buch, das noch im Nachgang beschäftigt und die damalige Zeit in all ihren unschönen Facetten zeigt.