Diese dunkle Nacht der Seele

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owenmeany Avatar

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Leicht liegt das schmale Bändchen in der Hand, das Titelbild lässt eine Flugreise assoziieren. Wegen des Titels, eines Zitats, erwartet man eine Ich-Erzählung, aber dann entsteht die Geschichte anscheinend erst mit dem Schreibeprozess eines auktorialen Chronisten, der andererseits wieder tiefe Einblicke in die Psyche des namenlosen Protagonisten gewährt, auch unter Zuhilfenahme eines akribisch beschriebenen Traums.

Inhalt dieser kaum Roman zu nennenden Novelle ist die Dynamik einer von vornherein zum Scheitern verurteilten Liebesbeziehung, die wohl nur in der Fantasie des Protagonisten existiert: das Auf und Ab zwischen Hoffnung und Enttäuschung - er liebt sie, sie liebt ihn nicht. Alles in allem geht das Ganze aus wie das Hornberger Schießen.

Zahlreiche Bezüge zu Literatur und Film, aber auch Sprichwörtern reflektieren den Vorgang des Schreibens, das wiederum spiegelt das Führen eines Tagebuchs seitens des Helden. Die Kapitelüberschriften wecken Erwartungen bei den Lesern, die dann nicht erfüllt werden. Blanke Ironie bricht sich fortwährend Bahn, vom Titel des Buchs (ein Zitat des seinerseits tragischen Helden Romain Gary) über die Bezeichnung "Roman" und die Kapitelüberschriften bis hin zu den abschließenden Dankesbekundungen an kommerzielle Einrichtungen des Tourismus.

Nach dem einzigartigen und verdienten Erfolg der "Anomalie", die ein großartiges Gedankenexperiment erzählerisch grandios ausführt, hat der Verlag eine Veröffentlichung aus dem Jahr 2007 ausgegraben und mit typographischen Mitteln aufgebläht, die die sprachlichen Möglichkeiten des Autors schon erahnen lässt, aber kaum mehr als eine Fingerübung darstellt. Wegen des bemerkenswerten Stils und der Doppelbödigkeit vergebe ich dennoch drei Punkte.