Ein Kuriosum?

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wortteufel Avatar

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Dieses Buch ist weniger eine Autobiografie als eine Dauerwerbesendung in Buchform. Für das Handwerk, für Sandra Hunke, für ein Lebensgefühl, das gleichzeitig bodenständig und Instagram-tauglich sein will. Hunke schreibt so, wie sie offenbar spricht: direkt, voller Energie, mit einem gewissen Stolz auf das, was sie sich erarbeitet hat – und das sei ihr gegönnt. Die Sprache ist nahbar, stellenweise amüsant, manchmal plakativ und nicht immer frei von Pathos.

Sie erzählt von einer Kindheit im ostwestfälischen Nirgendwo, vom Mobbing in der Schule, vom Rückzugsort Werkstatt und ihrer Liebe zum Handwerk, die ihr später den Weg ebnete – zur Anlagenmechanikerin, zum Model, zur Content Creatorin, zur Unternehmerin. Das ist schön, fast filmreif – und genau das wird auch mehrfach angedeutet.

Doch so inspirierend einzelne Passagen sind, so bleibt das Gefühl: Hier wird eine Ausnahmegeschichte zur Blaupause erhoben. Und das ist ein Problem. Denn bei aller Motivation und allem Stolz stellt sich die Frage, ob Frauen im Handwerk wirklich normalisiert werden, wenn sie nur dann Sichtbarkeit bekommen, wenn sie gleichzeitig „Klempnerin und Model“ sind. Oder wenn sie ein Buch darüber schreiben. Oder eine Villa bauen. Oder 700.000 Follower haben.

Die Realität sieht anders aus. Und ich bin mir nicht sicher, ob dieses Buch dazu beiträgt, Handwerkerinnen einfach als das zu zeigen, was sie sein sollten: normal. Nicht Kuriosum, nicht Vorzeigebeispiel, nicht Clickbait mit Schraubenschlüssel. Sondern Alltag.

Sandra Hunke will Mut machen, und das gelingt ihr stellenweise auch. Aber was bleibt, ist ein gemischtes Gefühl zwischen Respekt für den Weg und dem Zweifel, ob genau so weibliche Rollenbilder im Handwerk wirklich vorangebracht werden – oder ob sie damit nicht vielmehr in einer Nische des Besonderen zementiert werden.

Nett, ja. Mutmachend auch. Aber ob die Welt dieses Buch braucht? Ich bin nicht überzeugt.