Ida

Kampf um Selbstbestimmung

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panthorina Avatar

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Als Wienerin hat mich die treffende Charakter-Zeichnung von Ida schon auf den ersten Seiten mehrmals zum Schmunzeln gebracht. "Summer Sale im Winter! So ein Schmarren." als Reaktion auf ein unangenehmes Missgeschick in einem Laden entspricht so treffend dem Wiener Charakter, dass ich der Autorin, die nicht aus Wien stammt, ein großes Kompliment für die Recherche und Beobachtungsgabe machen möchte.

Katharina Adler zeichnet ein wunderbar treffendes Bild der patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen Anfang des 20. Jahrhunderts, das von starren Regeln auch oder besonders innerhalb der gutbürgerlichen Familien geprägt war. Übermächtige Vaterfiguren sowie das wahren des Scheins nach außen und der nicht gewünschte Zugang zu Emotionen außerhalb der Konvention prägten den Alltag vieler Frauen. Kein Wunder, dass sich viele der unterdrückten Gefühle Ausdruck in Krankheiten jeglicher Art machten. Das Frauen dann schnell als hysterisch abgestempelt wurden, machte ihr Schicksal nicht einfacher.

Mitten in dieser Zeit wird auch Ida zu dem aufstrebenden Dr. Freud geschickt um diverse Symptome unter anderem Husten, Atemnot oder Schwierigkeiten beim Gehen zu analysieren und zu behandeln. Die Leidensgeschichte, die Ida schon vor ihrem Aufeinandertreffen mit Dr. Freud unter der Behandlung verschiedener Quacksalber durchläuft wird an einer Stelle kurz angerissen. Diese Stelle ist für mich bezeichnet für Katharina Adlers Schreibstil, kurz, treffend und mit genügend Raum für die Phantasie des Lesers. Der Ton des Buches passt sich der Entwicklung Idas an und hilft, trotz der Zeitsprünge des Buches, an keiner Stelle den Bezug zu den Figuren zu verlieren.

Ein sehr berührendes Buch, dass ich wärmstens empfehlen kann!