Der Sog des Scheins

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bookdevourer Avatar

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Vorab finde ich, dass das Buch nicht ganz richtig beworben wird: Es geht meiner Meinung nach nicht wirklich darum, dass die Hauptcharakterin eine noch überspitztere Obsession entwickelt, sondern observiert durch ihre loyalen Augen, wie sich die Dinge nach dem Skandal entwickeln.
Das Cover der deutschen Ausgabe ist jedoch großartig: Es zeigt die Hauptfigur in einem flammenden Licht, das fast ein Echo des Titels ist. Es anzusehen ist nicht wirklich erfreulich, weil es nichts Erfreuliches an der Situation gibt, aber es ist auch nicht so, dass man wegschauen möchte, ja dies zu tun, ist sogar fast unmöglich.
"Idol in Flammen" bietet eine ausgezeichnete Darstellung und Einführung in die asiatische (insbesondere japanische) Fankultur, die in mancher Hinsicht für ein westliches Publikum, das mit Fandoms vertraut ist, nachvollziehbar ist, aber in anderer Hinsicht doch gänzlich fremd erscheint.
Ich fand es bewundernswert, dass sich die Autorin (sie ist ja noch sehr jung, was aber bei dem Thema durchaus von Vorteil gewesen sein kann) der Zusammenhänge zwischen der öffentlichen Präsentation und den Reaktionen der Fans, die sie angemessen vielfältig darstellt, so bewusst ist und dass sie all dies so treffend ausdrücken kann. Dazu kommt auch noch die Nachzeichnung des Werdegangs des Idols, welcher wirklich realistisch scheint und auch hier ein gutes Verständnis für die Unterhaltungsbranche beweist.
Die Hauptfigur, die ich persönlich als neurodivergent gelesen habe, hatte mit Dingen zu kämpfen, die in der heutigen Zeit gerade für junge Generationen definitiv oft nachvollziehbar sind. Der Schreibstil, manchmal eher nüchtern, ist durchzogen von dramatischen Beleuchtungen der Protagonistin, die einerseits eine metaphorische Qualität aufweisen, andererseits aber auch die Onlinekultur widerspiegeln, welche gleichzeitig über- und untertreibt.
Ich finde das Buch wirklich empfehlenswert, auch wenn erwähnt werden sollte, dass es eher ins Slice-of-Life-Genre fällt, auch wenn ich selber fast erstaunt war, wie viel Handlung es tatsächlich gab, vor allem wenn man die Kürze des Werks bedenkt.
Schade finde ich bloß, dass die deutsche Ausgabe nicht die Anmerkungen der Autorin enthält, die, wie ich gehört habe, Teil der englischen und vermutlich auch der japanischen Ausgabe sind.