Gänsehaut pur

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"Mein Idol steht in Flammen. Er soll einen Fan geschlagen haben. Noch ist kein einziges Detail bekannt. Und obwohl noch nichts bekannt ist, ist das Netz über Nacht zu einem Fegefeuer geworden.“
Mit diesen ersten Sätzen steigen wir in das Buch ein – direkt wird klar, was passiert ist, aber erst nach und nach erfahren wir, wie groß die Auswirkungen auf einen ganz bestimmten Fan wirklich sind.
 
Protagonistin Akari ist ein wirklich großer Fan ihres Idols Masaki Ueno. Er singt, er schauspielert, er tritt im Fernsehen auf – und Akari verfolgt jeden einzelnen seiner Schritte.
Sie hat beinahe alles, was Masaki je im Radio oder Fernsehen gesagt hat, genaustens transkribiert und in zahlreichen Ordnern abgeheftet.
Ihre Fanliebe teilt sie mit anderen Begeisterten auf ihrem Blog, der sich innerhalb des letzten Jahres einen Namen gemacht hat. Wenn es um Masaki geht, ist Akari begeisterungsfähig, fleißig und penibel – auch wenn sie das im echten Leben nicht immer ist.
 
Ihren Nebenjob hat sie eigentlich auch nur zu dem einen Zweck, sich das Merch von Masaki und seiner Band kaufen zu können.
Dass sie mit diesem Fanatismus bei ihrer Familie nicht gerade auf Zustimmung stößt, ist wohl klar. Und was so ein Skandal ihres Idols mit ihr selbst macht, könnt ihr euch sicherlich auch denken.



Mit wenigen Worten und ohne große Ausschweifungen schafft es Rin Usami doch, eine sehr tiefgründige, bewegende und zum Nachdenken anregende Geschichte zu erzählen.
 
Ob diese wahnwitzige Fanliebe Teil des Problems oder nur die Flucht vor den eigentlichen Problemen ist, muss jede*r selbst beurteilen. Vielleicht kann auch genau diese Fanliebe manchmal eine Hilfe sein oder sich zumindest so anfühlen.
Doch eins steht fest: Die Psyche von Teenagern ist oft noch empfindlicher als die Erwachsener.
Ob all der Glanz und Glamour, der online zu sehen ist und die Verherrlichung der berühmten Idols gepaart mit der Geldmacherei der Popindustrie ein so gesundes Bild an die Kinder und Jugendlichen vermittelt, bleibt zu bezweifeln.
 
Dass Akaris Freundin sich für ihr Idol sogar einer Schönheitsoperation unterzieht, wird im Buch beispielsweise nur kurz angeschnitten, ist aber dennoch einer der Punkte, die mich wohl noch am längsten beschäftigen werden.



Dieses Buch ist keinesfalls nur etwas für Freunde der japanischen Kultur oder Jugendliche.
Auf diesen doch wenigen Seiten stecken so viele Denkanstöße und unterschiedliche Themen, bekommen wir so viel Input zum Diskutieren und Hinterfragen, dass es mich wirklich begeistert hat.
 
Die emotionale Leere und Antrieblosigkeit, die Protagonistin Akari empfindet, ist einfühlsam und nachvollziehbar geschildert. Dass sie sich so sehr an ihrem Idol Masaki festklammert, scheint ihr einziger Lichtblick, ihr Rettungsanker zu sein.
Doch alles in allem ist die junge Frau auch erstaunlich reflektiert, wenn sich das auch erst zum Ende des Romans hin in ihrem Handeln widerspiegelt.
Gänsehaut pur!