In meiner Wirbelsäule

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constanze_pachner Avatar

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"Die Schülerin Akari ist von Masaki, einem Mitglied einer beliebten J-Pop-Gruppe besessen. Sie schreibt einen Blog, der ihm gewidmet ist, und verbringt Stunden im Internet auf der Suche nach Informationen über ihn und sein Leben. Als Gerüchte aufkommen, dass ihr Idol einen weiblichen Fan angegriffen haben soll, explodieren die sozialen Medien." (Klappentext)

Dieser mit seinen nur 123 Seiten sehr schmale Roman #idolinflammen von #rinusami, erschienen im @kiwi_verlag, entzündet das lezte Streichholz aus einer Schachtel - einen Nachschub wird es nicht geben, mit dem Erlischen der Flamme ist die Lektüre beendet sowie die Psyche eines jungen Menschens, die sich mit den Rauchschwaden eint und im Nirgendwo verendet.
Begeistert las ich, dass wieder einmal mein Idol #peterpan eine Rolle in einem modernen Roman einnimmt - wie die Protagonistin Akari träume ich mich zeitlebens ins Nimmerland und wollte als Heranwachsende ebenso unter keinsten Umständen Erwachsen werden. Nun ist Peter Pan aber eine fiktive Figur aus einer phantasiegeleiteten Welt ausserhalb der Realität, die in ihrer Funktion als Idol klare Grenzen steckt. Akaris Idol hingegen ist aus Fleisch und Blut und wird durch die sozialen Medien, der Pop-Industrie sowie den Fans heroisiert - Fehlverhalten ausgeschlossen! Diese Non-Fiktionalität ihres Idols lässt sie eins werden mit ihm, denn unbemerkt legen sich wuchernd Wirbel, Knochen und Fasern seiner DNA an ihre Wirbelsäule, so dass sie ihren Körper nicht mehr alleine trägt.

Die Autorin findet beeindruckende Bilder für Depression, Labilität, rinnender Angstschweiß, für die in die enge treibende Macht von Autoritätspersonen, für Ohnmachtszustände in der Adoleszenphase, für Defizithaltungen und vieles mehr - eine Autorin mit ganz viel Gefühl. Einzig oftmals auftauchende abgehakte Sätze unterbrachen mit zunehmend nervender Kraft Lesewellen des Abtauchens - an diesen Stellen hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht.

Der Spannungsbogen läuft wie das Abbrennen eines Streichholzes zielgerichtet auf den Showdown zu, der realer nicht sein könnte.

"Bitte nicht. Nehmt mir nicht meinen Mittelpunkt, meine Wirbelsäule. Ohne Masaki kann ich nicht weiterleben, wirklich nicht. Dann erkenne ich mich selbst nicht mehr, akzeptiere mich nicht mehr. Tränen strömen wie Angstschweiß über meine Wangen. Gleichzeitig tröpfelt Urin lächerlich plätschernd in die Toilettenschüssel. Ich fühle mich allein. Meine Knie schlottern vor kaum auszuhaltender Einsamkeit.(...) Ich bin nicht ich, wenn ich nicht Masakis Fan bin. Ein Leben ohne ihn ist nur noch ein Warten auf den Tod." (S.111-112) Ganz lieben Dank an den @kiwi_verlag für das #Rezensionsexemplar