Klein aber oho

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lesestress Avatar

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„Masakis Fan zu sein ist das Zentrum meines Lebens, die eine Konstante. Mein Idol ist meine Körpermitte, meine Wirbelsäule.“

Masaki, ein Mitglied der J-Pop-Gruppe Mazamaza, soll einen Fan geschlagen haben. Und auch, wenn es eine vermeintliche Aufnahme dieser Tat gibt, kann und will es die 16-jährige Akari nicht glauben. Während im Internet ein Shitstorm gegen den Sänger losbricht, kapselt sich die eh schon zurückgezogene Schülerin ab, flüchtet sich in ihre Fantheorien, die sie auf ihrem Blog mit der Welt teilt. Akari ist ein Superfan und jeden Yen, den sie verdient, steckt sie in Masaki-Merch, alles in ihrem Leben dreht sich nur um ihn. Das Fandom endet für sie nicht jetzt, wo es gerade schwierig wird, sondern fängt hier gerade erst an …

„Idol in Flammen“ von Rin Usami, die mit der Novelle den Akutagawa-Preis 2020 erhalten hat, ist eine fesselnde Erkundung von Fandom sowie Identität im heutigen Japan. Akribisch beschreibt sie die Komplexität und Widersprüche der Otaku-Kultur: hier geht es um die Fantasie der Intimität, die Möglichkeit, sich sozialem Druck und akademischer Leistungskonformität zu entziehen sowie um die partizipative Kultur, in der Fans gleichermaßen Produzent:innen und Konsument:innen sind. Für Akari ist Masaka eine Ersatzfigur, die ihr eine vorgefertigte Identität bietet, eine Art zu sein und mit der Welt zu interagieren, etwas, das sie vom Stress des Alltags befreit. Usamis Darstellung dieses Fanatismus ist jedoch nicht unkritisch, sondern zeigt auch die kommerzielle Ausbeutung wie psychische Belastung dieser Die-Hard-Fans.

Sie schreibt in einem direkten, informellen Stil, der zur jugendlichen Erzählerin passt, dabei aber überraschend komplex und mit vielen Bildern gespickt ist, die Verbindungen zu Schlüsselmomenten der japanischen Geschichte herstellen – von Hiroshima bis zur Abdankung von Kaiser Akihito. Obgleich das Buch also mit seinen 125 Seiten sehr schmal ist, stecken unheimlich viele Themen, Motive und Gedanken darin, die ich nur wärmstens empfehlen kann zu entdecken!

Grandios aus dem Japanischen übersetzt von Luise Steggewentz.