Literarischer, aber etwas zu kurz geratener Einblick in den Idolkult

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annajo Avatar

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Viele haben in ihrer eigenen Teenagerzeit wahrscheinlich schon für irgendeinen Star geschwärmt. Manche “Auswüchse” mögen einem aber dennoch befremdlich vorkommen, besonders um frühere Boybands oder Bands aus dem K-Pop-Bereich. Darüber gab es in den letzten Jahre etliche Medienberichte. Mitten heraus aus dieser Kultur kommt nun der kleine Roman "Idol in Flammen", der von der 17-jährigen Akari handelt, die ihr Leben ihrem Idol Masaki, Mitglied einer Boyband gewidmet hat. Als nun Berichte die Runde machen, Masaki habe einen Fan geschlagen, ist Akari am Boden zerstört.

"Idol in Flammen" entführt uns in die Popkultur Japans und die Abgründe einer hyperkapitalistischen Idolkultur. Hier werden Beliebtheitswettbewerbe zwischen den Bandmitgliedern abgehalten, die sich allein aus personalisierten Plattenverkäufen errechnen: Je mehr Platten mit dem Gesicht eines Bandmitglieds von den jeweiligen Fans gekauft werden, desto höher sein Ranking in der Beliebtheit. Selbstverständlich investiert Akari ihr gesamtes Geld. Überhaupt jobbt Akari nur neben der Schule, um sich ihr Fantum leisten zu können. Ihre restliche Zeit investiert Akari in ihren Blog über Masaki, über den sie auch mit anderen Fans in Kontakt und Austausch kommt. Durch die Erzählperspektive aus Akaris Sicht erlebt man beim Lesen, wie sehr sie ihrem Idol verfallen ist, wie sehr sich ihr ganzes Denken und Handeln zunehmend nur noch um ihn dreht. Immer mehr entkoppelt sie sich vom realen Leben, das geprägt ist von der Pflege der Großmutter, einer überforderten Mutter, zunehmenden Schulproblemen und einer in ihrem akademischen Erfolg kaum erreichbaren Schwester. Der Erzählstil ist einerseits sehr poetisch, andererseits oft irgendwie naiv. Ich habe mich nicht immer leichtgetan, mich in Akaris Figur hineinzuversetzen. Das wurde insbesondere dadurch erschwert, dass Akari unter (psychischen) Problemen leidet, die bis zum Ende eher nebulös bleiben. Vielleicht soll das auf ein Tabu gegenüber psychischen Erkrankungen in der japanischen Kultur hinweisen,

Alles in allem ist beeindruckend, wie eine so junge Autorin auf so wenig Seiten einen Idolkult treffsicher seziert, der Kinder und Jugendliche manipuliert und finanziell ausbeutet, mit dem Versprechen, Menschen nahe zu sein, die sie verehren, und aufzuzeigen, welche Folgen dies haben kann. Sie wirft auch die Frage auf, was Fans an Fehlverhalten zu akzeptieren oder leugnen bereit sind, weil möglicherweise ihre eigene Identität dadurch gefährdet wird. Dennoch bin ich mit dem Leseerlebnis nicht komplett zufrieden. Ich hätte mir eine etwas tiefgründigere, ausführlichere Geschichte gewünscht, die manche Dinge einfach deutlicher ausbuchstabiert oder umfangreicher und emotionaler darstellt als es in dem vorliegenden sachlich-nüchternen Ton hier geschehen ist. Für manche Geschichten reichen 130 Seiten eben einfach nicht aus. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass K-Pop immer mehr Fuß in der westlichen Gesellschaft fasst oder auch amerikanische Stars zu teilweise fragwürdigen Verkaufsmethoden zu greifen beginnen, ist der vorliegende Roman ein wichtiger Denkanstoß und hätte von etwas mehr Umfang meiner Meinung nach sehr profitiert.