Ungewöhnlich und fesselnd

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druckdeufel Avatar

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In sechs Städten Deutschlands werden zeitgleich sieben Jungen entführt, wenig später ihre Eltern ermordet. Kommissarin Olivia Holzmann vom LKA Berlin versucht, ihren genialen ehemaligen Kollegen Boesherz zur Mithilfe zu bitten, doch der verweigert sich.
Zunächst präsentiert Autor Vincent Kliesch in diesem ersten Teil der Bösherz-Reihe (die unterschiedliche Schreibart ist durchaus beabsichtigt!) ein Szenario, welches abseits des Falls abläuft: Der mutmaßliche Drogenboss Fjodor Sokolov fordert von seinem angehenden Mitarbeiter, dass der als Beweis seine Loyalität einen Mord begeht. Was sich daraufhin entwickelt, ist ein Feuerwerk an Ideen, Finten und unerwarteten Wendungen. Ein Einstieg, der auf das Buch einstimmt und eine Wundertüte an Überraschungen erwarten lässt. Gleich vorweg: Diese Erwartungen werden erfüllt. Ganz sicher gibt es wenige derart einfallsreiche Thriller wie diesen.
Vielleicht muss deshalb in Kauf genommen werden, dass auch die Charaktere teilweise extrem ausgestaltet sind. Das trifft keineswegs auf die taffe Ermittlerin zu, die sich durchaus als Identifikationsfigur anbietet. An ihr ist und bleibt man dicht dran und kann das meiste, was sie tut, gut nachvollziehen. Weitaus schwieriger ist das bei Sokolov, der sich als Zauberer inszeniert, und besonders bei Boesherz, der in überaus überlegener, sogar überheblicher Manier sich mit zweifelhaften Begründungen bei fast jeder Gelegenheit den Erwartungen anderer entzieht. Seine geheimnisvolle Aura und besondere Gaben entrücken ihn den Lesenden.
Ähnlich wie Sherlock Holmes ist er ein Ermittler mit genialer detektivischer Kombinationsgabe, der auf der Basis von Fakten seine Schlussfolgerungen zieht. Allerdings greift er selten auf handfestes Beweismaterial zurück, sondern analysiert vor allem die Verhaltensweisen und Äußerungen von Personen im Kontext mit den Geschehnissen.
Die Geschichte ist ausgefeilt, raffiniert und sorgt für fesselnde Unterhaltung. Leicht pathetische Momente oder das Überstrapazieren gewisser Elemente wie beispielsweise der Zauberkunst zu Beginn des Buches können die Lesefreude nur wenig dämpfen. Am Ende bleibt die Vorfreude auf den zweiten Band der Reihe.