Rundum stimmig

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
idatimo Avatar

Von

Das im nostalgischen Stil nach Art eines Scherenschnitts gestaltete Cover lässt ebenso wie der Titel "Im Finsterwald" bereits eine sehr eigene Stimmung entstehen. Ich erwartete so etwas wie ein dunkles Märchen, und meine Erwartung wurde nicht enttäuscht. Ein Mädchen verschwindet spurlos und ihr kleiner Bruder deutet an, dass sie im Wald verschwunden sei. Assoziationen an Märchen wie Hänsel und Gretel sind da naheliegend.

Allerdings ist der wichtigste Schauplatz der Geschichte, die im Schweden der 20er Jahre spielt, nicht der titelgebende Wald, sondern ein ebenso spannender wie gruseliger Ort - das wenige Jahre zuvor gegründete Naturhistorische Museum von Göteborg. Hier gibt es nicht nur Vitrinen mit zum Teil gruseligen Exponaten, es gibt auch Labore, unübersichtliche Verbindungsgänge, mehr oder weniger skurriles Personal und sogar einen lebendigen Affen.

Durch wechselnde Erzählperspektiven erhalten so ziemlich alle Figuren ein eigenes Innenleben und eine eigene Tiefe. Besonders gilt das natürlich für die Protagonisten, Nils Gunnarsson, den ermittelnden Polizisten (in diesem Fall mal kein Kommissar, sondern nur "Hauptwachtmeister"), sowie seine ehemalige Geliebte, Ellen Forsell, die Nils bei seinen Ermittlungen unterstützt. Es gilt aber ebensosehr für die anderen handelnden Personen, sogar für scheinbar unwichtige Nebenfiguren. Außerordentlich angenehm fand ich dabei, dass alle durch ihre eigene Perspektive auf Augenhöhe gebracht werden, ohne von der Erzählerin als besser oder schlechter bewertet zu werden.

Am Anfang fand ich diese Neutralität, die sich auch in einer in gewisser Weise nüchternen Sprache ausdrückt, gewöhnungsbedürftig. Später hat mich gerade dieser Aspekt sehr fasziniert. Der Autorin gelingt es mit sehr knappen Mitteln, die Gefühle der handelnden Personen deutlich werden zu lassen, ohne jemals sentimental zu werden. Der Stil ist auf ganz eigenartige Weise zugleich nüchtern und knapp wie poetisch und fantasievoll und hat mich als Leserin in eine ganz eigene Welt dunkler Fantasie versetzt.

Da der Fall letzten Endes auch durch eine überzeugende Auflösung abgerundet wird, kann ich das Buch in jeder Hinsicht nur empfehlen.