Viel Luft nach oben

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Als die neunjährige Frida im verschneiten Wald die Leiche des bekannten Umweltschützers Mats Anderberg findet, werden die Stockholmer Kriminalinspektorin Maya Topelius und ihr Partner Pär Stenqvist nach Östersund geschickt, um die Ermittlungen vor Ort zu unterstützen. Schnell stellt sich die Frage, ob der Aktivist für die örtliche Holzlobby zu unbequem geworden ist. Oder liegt das Motiv ganz woanders? Als es einen zweiten Mord gibt und Frida im Wald verschwindet, während ein Schneesturm aufzieht, spitzt sich die Lage dramatisch zu.

Sandra Åslund packt in den ersten Roman um Maya Topelius sehr viele verschiedene aktuelle Themen hinein. Umweltschutz im Konflikt mit Gewinnstreben der Holzindustrie, von der große Teile Östersunds wirtschaftlich abhängig sind, toxische Männlichkeit, Frauen, die unter dem Machismo der Männer leiden und eine Ermittlerin, die vor den Trümmern ihrer Beziehung steht, während sich am Horizont eine Liebesgeschichte andeutet. Viel Stoff also für knapp 400 Seiten Kriminalroman. Und leider muss ich sagen: in meinen Augen zu viel Stoff, denn irgendwie hatte ich das Gefühl, dass keines der Themen wirklich befriedigend aufgelöst wurde. Zwar wird der Fall gelöst, aber das passiert eher nebenbei und zufällig, weil Maya zufällig zur rechten Zeit am richtigen Ort ist und der Täter sich seltsam dilettantisch anstellt, und sich selbst in den Mittelpunkt der Ermittlungen stellt, obwohl ihn weder die Polizisten noch die Leserinnen und Leser wirklich auf der Rechnung haben.

Maya selbst definiert sich zum einen über ihren deutschen Vater und zitiert ständig deutsche Sprichwörter, die in Schweden selten verstanden werden und zum anderen über ihre Freundinnen, von denen vor allem Sanna, die vor kurzem einen sexuellen Übergriff erlebt hat, im Vordergrund steht.

Über Pär erfährt man kaum etwas, außer, dass er am New York-Marathon teilnehmen möchte und verheiratet ist. Und die Östersunder Kollegen bleiben fast durchgehend farblose Provinzpolizisten, die natürlich nicht über die Einmischung aus Stockholm begeistert sind und teilweise sogar wie inkompetente Dorftrottel wirken, die den Fall lieber heute als morgen begraben würden. Lediglich der Polizist Hilding bekommt die Möglichkeit, im Rahmen der Ermittlungen etwas mehr Profil zu gewinnen.

Ähnliches gilt für den Gerichtsmediziner Christoffer, der als potentielles Love-Interest von Maya etabliert wird. Er ist natürlich intelligenter und aufgeschlossener als die örtlichen Polizisten und unterstützt Maya von Anfang an. Letztendlich erscheint er so perfekt, dass er auf mich einfach nur langweilig gewirkt hat.

Und auch die anderen Personen, die in Östersund im Rahmen der Ermittlungen auftreten, sind eher uninteressant und farblos, lediglich Frida und ihre alleinerziehende Mutter werden genauer ausgearbeitet.

Insgesamt hat mich „Im Herzen so kalt“ nicht wirklich überzeugt. Zwar schreibt die Autorin angenehm und flüssig, aber die Spannung bleibt doch zu oft auf der Strecke. Und dass der Fall eher zufällig gelöst wurde, hat mich auch nicht überzeugt. Insofern ist „Im Herzen so kalt“ ein Serienauftakt, der noch viel Luft nach oben lässt…