Feministische Powerbank

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tausendmund Avatar

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Ein Was-wäre-wenn-Szenario ist in der Literatur nichts neues – man denke nur an dystopische oder utopische Gedankenexperimente. Mit frischem Blick und feministischer Power befasst sich Anne Sauer in ihrem Debütroman mit dem Mikrokosmos von Protagonistin Toni und spielt mit dieser die Frage durch: Wie sähe mein Leben heute aus, hätte ich am Punkt X meiner Vergangenheit eine andere Entscheidung getroffen?

Wir begleiten Toni, die mit Mitte dreißig mit Partner Jakob in einer Großstadt lebt, beim Kinderwunschprozess. Und – huch! – wir sind gleichzeitig auch an der Seite von Antonia, einer Version (?) von Toni: Ebenfalls Mitte dreißig, doch sie hat ihr Heimatdorf nie verlassen, ist mit Jugendliebe Adam verheiratet und hat ein fünf Wochen altes Baby. Und kann sich einfach nicht erinnern, wie sie eigentlich in diese Situation geraten ist…

Auch wenn ich literarisch über einige Stolpersteine gepurzelt bin, hatten mich die sehr authentisch erzählten Figuren (auch die Nebenfiguren!) quasi ab Seite 1 in ihrem Team. Berührt hat mich dieser Text vor allem, weil er trotz der sehr andersartigen Herausforderungen von Müttern und Nicht-Müttern koloriert, welche Gemeinsamkeit im Mutter-Sein, Mutter-werden-wollen, Nicht-Mutter-werden-wollen und Nicht-Mutter-werden-können besteht: nämlich ein Höchstmaß an gesellschaftlicher Unsichtbarkeit des Struggles, sich in eine oder mehrere dieser Rollen einzufügen.

Und während also Sauer auf fesselnde Weise zwei völlig unterschiedliche Lebenskonzepte parallel erlebbar macht, merken wir Lesenden: Plötzlich ist da gar nicht mehr so viel Mikrokosmos. Denn was die Toni-Antonia-Geschichte mit uns gebärfähigen Menschen und weiblich gelesenen Personen zu tun hat ist ALLESEINFACHALLES.