Freiheit ist Liebe

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bavaria123 Avatar

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Der Blick auf das schön gestaltete Cover verrät: es geht nach Hamburg und es geht ein wenig in die Vergangenheit.
Erzählt wird die Geschichte von Alice, die im Arbeiterviertel Uhlenhorst mit ihrer Tochter Rosa und ihrem Mann Henk lebt.

Wenn ein Buch rund um die 600 Seiten hat, ist es mir wichtig, dass ich nicht erst mühsam einen Einstand finde, sondern am besten von Anfang an direkt mitgenommen werde. Das ist Miriam Georg auf jeden Fall gelungen.

Geschrieben hat die Autorin "Im Nordwind" in zwei Zeitebenen, zum einen um 1896 und zum anderen 1912/1913.

In dieser Zeit hatten Frauen gelinde gesagt wenig Rechte. Sie durften kein Land besitzen, nur mit Zustimmung eines Mannes Geld verdienen und beispielsweise auch nicht wählen. Frauen waren vorwiegend unmündig, im Prinzip stellungsgleich mit einem Kind. Erst 1958 wurde das Letztentscheidungsrecht des Ehemanns in allen Eheangelegenheiten ersatzlos gestrichen. Das ist noch gar nicht so ewig lange her, aber trotzdem mittlerweile schwer zu ertragen.

Und deshalb ist es auch nicht einfach, dass Alice sich von ihrem brutalen Mann Henk scheiden lassen möchte. Sie trifft sich dazu mit dem Anwalt John Reeven, der versuchen will, ihr zu helfen.

Die Protagonisten sind herrlich charakterisiert. Alice und ihrer niedlichen Tochter Rosa möchte man sofort helfen und von Henk befreien.
Aber auch die Nebenfiguren sind vielfältig und interessant gestaltet. Da mochte ich Johns Schwester Blanche gern, die so warmherzig ist.

Miriam Georg schildert das Leben im armen, dunklen Arbeiterviertel Uhlenhorst hervorragend und stellt dem das Gebiet am Feenteich gegenüber, in dem John mit seiner Verlobten Evelyn lebt.

Es werden viele Themen aufgegriffen. Das Sehnen und Hoffen, die Freiheit und Menschenrechte, die Menschlichkeit, Brutalität und Liebe. Trotzdem ist das Buch nicht überfrachtet. Eingewoben wird alles in die Stadtgeschichte, was mir richtig gut gefällt. Der Schreibstil ist lebendig, bildhaft und teilweise emotional.

Einzig ein Kritikpunkt wäre für mich der fiese Cliffhanger am Schluss. Wie gut, dass der zweite und finale Band schon im Oktober erscheinen soll.