1923 - Ein Schicksalsjahr

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elfe1110 Avatar

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1923 ächzt Deutschland unter dem Versailler Vertrag, das Ruhrgebiet wird durch die Franzosen belagert und es kommt zum passiven Widerstand der Arbeiter. Die Inflation steigt ins Unermessliche, die Menschen verlieren ihre Ersparnisse und Jobs. Armut durchdringt einen immer größer werdenden Teil des Landes. Entsprechend unsicher und destabil ist die noch junge Weimarer Republik, die sich zunehmend linken wie auch rechten Gesinnungen ausgesetzt sieht. 1923 endet mit einem gescheiterten Putsch-Versuch und bringt Adolf Hitler zunächst ins Gefängnis. – Es ist aber auch ein Jahr der Kulturschaffenden, des Beginns einer Blütezeit von Unterhaltung, Musik, Theater, exzessiven Abendveranstaltungen, in dem gerade die Frauen sich mehr und mehr „befreien“. – Und dann, über allem, immer wiederkehrend der trügerische Nebel des Antisemitismus in Deutschland.

Christian Bommarius hat großartig die Stimmung eines Landes im Großen wie im Kleinen eingefangen: die Gegensätze von Opulenz und bitterer Armut, die Zusammenhänge aus Belagerung, Inflation und politischen Unruhen, die kulturellen Auseinandersetzungen mit der Gegenwart, die durch Personen wie Bertolt Brecht, Heinrich und Thomas Mann oder auch Hans Fallada verkörpert werden. Der erschreckend offene Antisemitismus, der gerade durch die Schilderung persönlicher Schicksale unfassbar eindringlich ist.

Kurzweilig und unterteilt in 12 Monate und ein „Was weiter geschah“ beschreibt der Autor die Ereignisse und kleinen Anekdoten, immer wieder gespickt von einigen Fotos. Sehr große Leseempfehlung!