1923 - mehr als nur das Jahr des Hitlerputsches

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juma Avatar

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Ich habe mich um dieses Buch zum Vorablesen beworben, weil ich mich sehr für die Geschichte des 20. Jahrhunderts interessiere. Es gibt einige Schriftsteller, die die Art des "Kalenderschreibens" oder "Jahrbuchschreibens" bereits eingeführt haben. Ich nenne hier Florian Illies, der mit "1913" das erste Buch dieser Art schrieb, das ich gelesen habe. Danach noch einige mehr, nun hatte ich mich um "1923" zum Vorablesen beworben.
Dieses Buch, die Ereignisse und Begebenheiten nach Monaten geordnet, hat es mir aber doch recht schwer gemacht, durchzuhalten bis zum Schluss. Christian Bommarius schreibt zu den einzelnen Personen und Geschehnissen sehr ausführlich und gewissenhaft. Ein wenig erinnerte mich das an Dissertationen, die sich mit Vehemenz der Thematik zuwenden und nicht damit rechnen, dass auch Leser diesen Text konsumieren könnten, die nicht so tief in der Materie stehen. Für mich blieb in der Fülle der Informationen der Unterhaltungswert stecken, so dass ich die eine oder andere Seite sogar überblättert habe.
Trotzdem habe ich für mich Neues und Interessantes entdeckt und auch gern gelesen. So zum Beispiel über die Besetzung von Rheinland und Ruhrgebiet, mein Vater wurde 1911 in Hamborn (heute Duisburg) geboren, er erlebte als Arbeiterkind mit fünf Geschwistern die Armut, den Hunger, die Inflation, den Kappputsch und die schwierigen Verhältnisse machten ihn zum Kommunisten.
Wenn wir heute auf die Tanksäule schauen und ob der nach oben gehenden Preise den Kopf schütteln, denke ich an die Brotpreise, die Bommarius in seinem Buch zu einer Art "Barometer" der Inflation macht.
Eine weitere Geschichte, die mich sehr interessierte, war die von Maximilian Harden, über den ich so ausführlich noch nichts gelesen hatte.
Das Buch bietet einen weiten Überblick, zeigt die Widersprüchlichkeit der Entwicklung in Deutschland nach dem ersten Weltkrieg. Aus meiner Sicht ein gutes Nachschlagewerk für Geschichtsinteressierte.
Übrigens: das Cover passt hervorragend in die Zeit, das Buch hält aber nicht ganz das Versprechen einer unterhaltsamen Lektüre. Es ist doch eher eine wissenschaftliche Art des Herangehens, auch wenn einige Ironie eingeflochten wurde.