andere Kulturen im Blickpunkt

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sophia60 Avatar

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Der Autor Spencer Wise entführt uns mit seinem Roman "Im Reich der Schuhe" nach China. Genau darauf hatte ich mich bei der Bewerbung um das Buch gefreut, da ich selbst schon in China gewesen bin, und meine eigenen Erlebnisse gewissermaßen "abgleichen" wollte.
Die amerikanische Familie Cohen besitzt bzw. leitet im chinesischen Foshan schon seit vielen Jahren eine Schuhfabrik.Für ihn völlig überraschend bekommt der 26-jährige Sohn Alex die Firmenleitung von seinem Vater übertragen.
Hieraus ergibt sich viel Konfliktpotential, da die Hierarchien zwischen Vater und Sohn , sowie zwischen der Firmenleitung und den chinesischen Statthaltern sehr ausgeprägt sind. Der Autor erlaubt uns hier vielfältige Eindrücke vom chinesischen Geschäftsgebaren. Auch der Vater-Sohn-Konflikt wird teils in humorigen Szenen beschrieben und ausführlich behandelt.
In vielfältigen Szenen wird der chinesische Alltag beschrieben und viele Gegensätze aufgezeigt: zb. springt der Autor vom Leben der chinesischen Großmutter auf einem Hausboot, das auf einem verseuchten Fluß ankert zum Leben der Firmenleitung im nagelneuen Luxushotel. Oder der Vergleich mit amerikanischen Fabrikanlagen mit den Zuständen in dem chinesischen Werk.
Die Liebesbeziehung zwischen Alex und der viel älteren Fabrikarbeiterin Ivy bietet dem Autor viele Gelegenheiten, das Alltagsleben der Arbeiterinnen darzustellen und zu beschreiben.Er scheut sogar nicht davor zurück , die Geschehnisse auf dem Tiananmenplatz in Peking in 1989 aus der Sicht der Studierenden zu schildern. Es werden viele Themen angesprochen; von der prekären Lage der Wanderarbeiter/innen; von im Untergrund handelnden Revolutionären; von Totenkulten und anderen Gebräuchen. Vieles wird auch im Spiegel der amerikanisch-jüdischen Kultur gesehen.
Hieraus ergibt sich für den Roman eine große Themendichte wohingegen die Beschreibung der Hauptpersonen teilweise etwas dünn ausfällt. Die Handlung ist auch nicht so spannend wie erwartet; sie wirkt eher nebensächlich und nur als Vorlage für die Beschreibung der chinsischen Kultur erdacht.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Intentionen des Autors besser in einer Art Reisebericht/ Reportage zu vermitteln gewesen wäre. Als Roman ist das Buch meiner Meinung nach an den hohen Ansprüchen gescheitert.