Den Kinderschuhen entwachsen

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biancaneve_66 Avatar

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Als Sohn des »Kaisers der Schuhe« hat es der 26-jährige Bostoner Alex Cohen nicht leicht. Denn als Teilhaber der Schuhfabrik im chinesischen Foshan hat er nur wenig bis gar nichts mitzubestimmen. Sein Vater ist und bleibt der Boss. Erst durch die Bekanntschaft mit der Näherin Ivy bekommt Alex einen Einblick ins Leben der Fabrikarbeiter und auch der chinesischen Bevölkerung.
Das Cover, ganz im Stil des Diogenes-Verlags gehalten, zeigt im Bild einen Affen, geschmückt mit Ketten, vor ihm eine übervolle Schüssel mit gelbleuchtendem Inhalt. Das Bild scheint auf den ersten Blick nicht viel mit dem Geschichte zu tun zu haben. Bei näherer Betrachtung könnte man aber schließen, dass man das Lebewesen mit Essen und Schmuck anlockt – ob dafür eine Gegenleistung verlangt wird oder nicht, sei dahingestellt. Auch die Wanderarbeiter erwarten sich durch ihre Tätigkeit in Fabriken wohl eine Besserung ihrer materiellen Situation.
Der Schreibstil ist sehr flüssig und angenehm. Manche Sätze scheinen mit der Aneinanderreihung von Wörtern belanglos und verstecken doch ernste Themen, oft mit zynischem Unterton. Alex erzählt die Geschichte aus der ersten Person, vor allem in den lebhaften Vater-Sohn-Gesprächen lässt er immer wieder jiddische Ausdrücke einfließen, die ihn seit Kindheit begleitet haben; er verwendet aber auch chinesische Wörter, schließlich hält er sich seit einem Jahr in Foshan auf - ohne dort heimisch geworden zu sein (oder die Sprache überhaupt zu verstehen). Zu groß ist die Distanz der meist ausländischen Fabrikbesitzer zu den chinesischen Wanderarbeitern, obwohl jede Seite von der anderen abhängig ist.
Die Charaktere sind gut gezeichnet und Wise stellt jeden mit seinen Eigenheiten vor. Überhaupt verarbeitet der Autor in seinem Buch die unterschiedlichsten Themen wie Korruption, Umweltverschmutzung, Loyalität; und doch erschafft er ein großes Ganzes. Der Roman vereint Familiengeschichte, Landes- und Wirtschaftskunde. ein vielschichtiges Werk also – mit absoluter Leseempfehlung.