Der Erbe

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gabriele 60 Avatar

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Alex muss die Schuhfabrik seines Vaters übernehmen. Die ist in China, weil dort so preisgünstig produziert werden kann. Fedor und Elsa haben ihren Sohn nach jüdischem Vorbild erzogen, doch er versucht die Konventionen hinter sich zu lassen. Das ist nicht einfach, da der Vater die Zügel nicht aus der Hand gibt.
„Ich starrte geradeaus, aber ich spürte, dass Dad mich von der Seite ansah. Ich wusste genau, was er dachte: Ich habe dich erschaffen. Wie die alten Rabbis sich aus Lehm einen Golem formten, damit er ihre Befehle ausführte – ich glaube ernsthaft, das bedeutete Vaterschaft für meinen Dad.“ (Seite 81)
Alex ist mit einer Angestellten der Firma befreundet. Die Chinesin hat 1989 das Massaker auf dem Tian‘anman-Platz miterlebt und kämpft seitdem für bessere Lebensbedingungen ihrer Landsleute. Alex, hin- und hergerissen zwischen Profit und Sozialverträglichkeit, versucht ihr dabei zu helfen.
Der Autor, 1970 in Boston geboren, hat selbst Erfahrungen in China gesammelt. So schreibt er glaubhaft über chinesische Verhältnisse, in denen einfache Arbeiter ausgebeutet werden. Er macht die Leser mit chinesischen Weisheiten („Das Leben ist wie eine Vergewaltigung – wenn du es nicht verhindern kannst, genieße es“) und Bräuchen (Leichenträger bringen Verstorbene in ihren Heimatort zurück) bekannt. Auch die Unterdrückung durch korrupte Politiker wird thematisiert.
Das fand ich als Leserin alles sehr informativ. Was mir aber nicht zugesagt hat, war die erste Hälfte des Buches, in dem der Autor zu viel unterbringen wollte. Seine Erzählweise war sprunghaft und ich konnte kaum folgen, geschweige denn im Buch versinken. Ich musste mich regelrecht zwingen, nicht aufzugeben – was sich im Endeffekt gelohnt hat. Denn etwa ab der Hälfte des Romans konzentrierte sich der Autor auf das titelgebende Thema, einen Aufstand in der Schuhfabrik.
Fazit: Die viel zu lange Einleitung langweilt und nimmt die Lesefreude.