Einblick ins Reich der Schuhe - und so viel mehr!

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schneeglöckchen_gk Avatar

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Der Einstieg in das Buch war sehr erfrischend, da die Einleitung nicht Teil der Leseprobe war, sodass man mit etwas Unbekanntem gestartet ist, das aber gleichzeitig einen Ausblick über die weitere Geschichte gibt.

Das Buch handelt von Alex Cohen, dem Sohn eines jüdischen Schuh-Fabrikanten, der die Firma in China übernehmen soll und dabei versuchen muss aus dem Schatten seines Vaters herauszutreten. Begleitet wird das Ganze von der Liebesgeschichte zu einer chinesischen Näherin, durch die Alex in Kontakt mit revolutionären Kräften kommt.

Zu Beginn sagt Alex: "Die Welt, in der ich leben werde, ist eine andere, und noch verstehe ich meinen Platz darin nicht." Ob er seinen Platz am Ende gefunden hat ist fraglich, aber er muss in mehrerlei Hinsicht Entscheidungen für die Zukunft treffen, bei denen die Leser ihn begleiten und sein Leiden und Hadern hautnah erleben.
Der Roman beginnt mit einer langen Phase in der hauptsächlich Alex' Alltag beschrieben wird, man lernt seinen Vater Fedor und dessen Macken kennen und merkt, wie sehr das Erbe vorheriger Generationen den Juden Alex prägt. Gegen Ende hin wird die Erzählung dichter und es baut sich stetig Spannung auf, bis zum finalen Showdown. Das teilweise offene Ende hat mir gut gefallen.

Die ganze Geschichte wird aus der Perspektive von Alex, dem Sohn, erzählt, der ausführlich über die Geschehnisse berichtet. Den Schreibstil habe ich als angenehm empfunden und die vielen fremdartigen Wörter haben mich nicht gestört.
Das Buch thematisiert sehr viele verschiedene Themen; da ist einerseits die schwierige Vater-Sohn-Beziehung, Alex' Versuch von Selbstverwirklichung, der jüdische Hintergrund, das Leben im fremden China, andererseits die Frage, ob ein sozialverträglicher Kapitalismus unter den besonderen Bedingungen in China möglich ist und alles eingewoben in die zarte Liebesgeschichte zwischen Alex & Ivy. Für keins der Themen kann der Roman als Lehrbuch gelten, er gibt keine ausführlichen Antworten oder liefert gar Hintergründe. Dafür bietet er einen guten Einstieg in dieses komplexe Spannungsfeld und beschreibt die persönlichen als auch gesellschaftlichen Herausforderungen ansprechend.

Das Titelbild mit dem exotischen Äffchen gefällt mir gut. Wie bei vielen Diogenes-Covern ist der Bezug zum Buch nicht offensichtlich, aber mich spricht das bunte Bildchen in diesem Fall trotzdem sehr an.

Fazit: Ich kann für das Buch eine klare Empfehlung aussprechen und finde, Spencer Wise ist damit ein erfolgreiches Debüt gelungen. Durch die Verflechtung vieler heikler Themen im Alltag der Protagonisten wird man ganz indirekt zum Nachdenken angeregt währenddessen man das Reich der Schuhe mit all seinen Facetten erkundet.

Anmerkung: Da es sich bei dem erhaltenen Buch um eine unkorrigierte Lesefassung handelt, waren entsprechend viele Rechtschreibfehler enthalten, was mich teilweise sehr frustriert und den Lesegenuss massiv vermindert hat.