Ost trifft West

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ikatzhorse2005 Avatar

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Im Schatten der Wende ein Kriminalroman von Frank Goldammer (dtv)

Er hatte so etwas noch nie gespürt. Und es brauchte eine Weile, bis er verstand, was es war. Es war die Angst vor dem Morgen. Was kam jetzt auf sie zu? Was sollte aus aus ihnen werden, aus ihnen allen? Plötzlich war die Zukunft offen, aber auch ungewiss. Plötzlich schien nichts mehr sicher. S.140

Tobias Falck ist Obermeister der Volkspolizei in Dresden. Kurz vor seinem Abschluss zum Leutnant in Aschersleben 1989 werden die Grenzen zwischen Ost und West geöffnet und die Mauer fällt. Falck versucht zu verstehen, was gerade passiert und versucht seinen Gefühlen auf den Grund zu gehen. Ein klein wenig Hoffnung aber auch ein schaler Nachgeschmack sowie Zukunftsangst mischen sich in seine Gedanken.

Im Winter 1989 beginnt er seinen Dienst beim Kriminaldauerdienst (KDD). Zum Team gehören Hauptmann Schmidt und Stefanie Bach, Bekannte eines alten Falls aus Vorwendezeiten.

„Der Witz ist nur, die meisten haben kaum Zeit, Es hat einige Veränderungen gegeben. Der Kader ist geschrumpft. Keiner fühlt sich mehr richtig zuständig. Außerdem werden Sie sehr schnell eines erkennen: Die Zeiten haben sich geändert. Also auch, was die Kriminalität betrifft. Man könnte meinen, sie sind alle verrückt geworden.“ S.150

Zur Abteilung gesellt sich Hauptkommissarin der Kriminalpolizei Frankfurt am Main Sybille Suderberg. Gleich mehrere Fälle gibt es zu lösen. Die grenzübergreifenden Ermittlungsarbeit des KDD-Teams laufen auf Hochtouren. Dabei gestaltet sich die Polizeiarbeit nicht nur durch die unterschiedlichen Ermittlungsmethoden schwierig.

Auch treffen die Protagonisten auf einige Vorurteile und Annahmen, basierend auf Missverständnissen und Unwissenheit, gegenüber dem Leben im jeweilig anderen Teil Deutschlands. Ost trifft West, eine absolut gelungenes Portrait dieser Zeit! Der Autor greift somit das Bild tiefgreifender Veränderungen authentisch auf. Der Titel trifft es auf den Punkt und passt hervorragend zu der Geschichte.
Frank Goldammer setzt mit Tobias Falck einen intelligenten und feinsinnigen Protagonisten in Szene. Er selbst und sein Weg haben mir besonders gut gefallen. Anfangs erscheint er mir jugendlich naiv, zutiefst menschlich und immer sympathisch. Doch diese scheinbar hörige Naivität wandelt sich, als er losgebunden von staatlichen Zwängen, sein Denken und Handeln aktiviert. Das Ergebnis sind scharfsinnige Schlussfolgerungen und eine brillante Polizeiarbeit. Auch in privaten Angelegenheiten reift er und stellt somit die Weichen für seine Zukunft. Ich bin gespannt, welche Entscheidungen er in folgenden Bänden treffen wird. Ich bin jedenfalls gern dabei!

Falcks Kollegen sind ebenfalls charakterstark und gut gezeichnet. Gern würde ich von ihnen noch mehr erfahren. Es gibt sicher noch einiges zu erzählen und ich hoffe, Frank Goldammer gibt zukünftig einige Einblicke in das Leben der Ermittler.

Fazit: Im Schatten der Wende ist ein sehr gelungener Auftakt der neuer Krimi-Reihe rund um das KDD-Team Ost-West. Die Kombination aus Kriminalfällen, die damit verbundenen Ermittlungen, die interessanten Charaktere, eine glaubwürdige Darstellung der geschichtlichen Ereignisse und Einblicke in Alltäglichkeiten dieser Zeit haben mich begeistern und überzeugen können. Frank Goldammer weiß, wovon er schreibt. Und er schreibt gut, mitreißend und ehrlich. Das macht den Roman so lesenswert!