Wendezeit

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fornika Avatar

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Goldammers neuester Krimi spielt sich jeweils mehrere Monate vor und nach dem Mauerfall ab, eine aufreibende Zeit des Umbruchs. Tobias ist eine sehr passende Hauptfigur, denn er ist kein glühender Verfechter des DDR-Systems, aber damit aufgewachsen und voller Überzeugung in den Staatsdienst eingetreten. Trotzdem hinterfragt er gewisse Dinge kritisch, während er auf der anderen Seite vieles auch einfach als gegeben hinnimmt. Ich fand ihn sehr authentisch skizziert, wenn er mir auch nicht immer sympathisch war. Sein Vorgesetzter ging mir hauptsächlich auf den Keks, was auch schon seine einzige Charaktereigenschaft zu sein scheint. Auch seine Kollegin Bach bleibt eher blass, selbst die etwas mysteriöse Kollegin aus dem Westen bleibt für den Leser unnahbar.
Die Geschichte wirkt etwas zerrissen, etwas mühsam wird nach dem Mauerfall wieder angeknüpft und so richtig findet sich alles auch bis zum Ende hin nicht. Dass der Autor es auch anders kann, hat er mit seiner Reihe um Max Heller mehr als genug bewiesen, aber hier passen die durchaus starken Szenen nicht immer gut aneinander. Der Schreibstil per se hat mich hingegen wieder voll überzeugt, flüssig zu lesen, lebensecht und sehr lebendig. Die Idee „ganz normale“ Polizeiarbeit zu Zeiten der Wende als Aufhänger zu nehmen, hat mir wahnsinnig gut gefallen, aber letztendlich wurden meine Erwartungen nicht ganz erfüllt, nicht zuletzt auch, weil doch viel mit Klischees gearbeitet wurde. Das mag geschehen sein, um auf diese aufmerksam zu machen, mir hat es allerdings nicht so gefallen, vieles wiederholt sich hier unnötig. Insgesamt ist dieser erste Band einfach nicht ganz so rund geworden wie ich ihn erwartet hatte, und auch die reine Fallarbeit hat mich nicht richtig abholen können.