Atmosphärische Erzählung mit lebendig wirkenden Figuren

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Buchmeinung zu Christine Neumeyer – »Im Schatten des Thronfolgers«

»Im Schatten des Thronfolgers« ist ein historischer Kriminalroman von Christine Neumeyer, der 2024 im Picus Verlag erschienen ist.

Zum Autor:
Christine Neumeyer, 1965 in Wien geboren, ist Schriftstellerin und Organisationsassistentin der Universität Wien. Im Netzwerk der Mörderischen Schwestern verwirklicht sie seit 2017 gemeinsam mit österreichischen Autorinnen Projekte zur Förderung der von Frauen geschriebenen Kriminalliteratur. Sie schreibt und veröffentlicht seit vielen Jahren historische Romane und Kriminalromane sowie Kurzgeschichten.

Zum Inhalt:
Bei Bauarbeiten für eine Familiengruft wird 1909 auf Schloss Artstetten, einem Landsitz des Thronfolgers Franz-Ferdinand, eine Säuglingsleiche gefunden. Aus Wien werden der Polizeiagent Pospischil und sein Assistent Dr. Frisch zur Untersuchung der Vorgänge herbeigerufen.

Meine Meinung:
Dieses Buch ist nicht wirklich ein Kriminalroman, denn besonders spannend in Sachen Fallauflösung ist er nicht. Hingegen hat mir der ruhige Schreibstil der Autorin, die mit moderaten Dialektfärbungen und passend gewählten Szenen ein lebendiges Bild der damaligen Zeit erstellt. Der erfahrene Polizeiagent Pospischil wirkt sympathisch und kompetent. Sein Assistent Dr. Frisch ist fortschrittsgläubig und offen für alles Neue. Er fährt bereits ein Automobil und chauffiert seinen Chef oft. Sie sind in vielen Dingen gegensätzlich, vertrauen sich aber und arbeiten hart für ihre Ziele. Die Autorin erzählt ihre Geschichte aus vielen Perspektiven und erzeugt dadurch ein umfassendes Bilder damaligen Zeit und der Menschen im Nibelungengau. Es gibt grausige Szenen, aber auch humorvolle Einschübe, die das Grauen abmildern. Auch ein Schuss Romantik wird der Erzählung beigemischt. Im Kriminalfall geht es lange Zeit nicht so recht voran. Erst als eine weitere Leiche gefunden wird, nimmt die Handlung deutlich Fahrt auf. Am Ende steht eine nachvollziehbare und vollständige Auflösung, die ich nicht erwartet hatte.
Die Beschreibung der Landschaft und ihrer Besonderheiten hat mein Interesse geweckt, diesen Nibelungengau zu erkunden. Auch die Figurenzeichnung hat mit angesprochen, denn fast alle Figuren sind mit Grautönen gezeichnet, die Raum für Überraschungen bieten.

Fazit:
Mich hat dieser Roman überzeugt, wenn auch nicht als Kriminalroman. Figurenzeichnung und atmosphärische Schilderungen hauchen den Protagonisten Leben ein. Deshalb bewerte ich den Roman mit vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten) und spreche eine Leseempfehlung für die Freunde atmosphärischer Zeitdokumente aus.