der 3. Fall führt Polizeiagent Pospischil auf das Schloss des Thronfolgers in Artstetten

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
petzi_maus Avatar

Von

Artstetten, April bis Juni 1909: Auf Schloss Artstetten im wunderschönen Nibelungengau, der Sommerresidenz des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand, wird bei den Sprengungsarbeiten für die neue Gruft des zukünftigen Kaisers und seiner Familie unter der Kirche die Leiche eines Babys gefunden.
Um ein Attentat auf die Kaiserfamilie auszuschließen, wird der geheime Polizeiagent Johann Pospischil aus Wien nach Artstetten beordert. Sein Assistent, Dr. Leopold Frisch, der neuerdings neben dem Doktor für Entomologie nun auch den Doktor für Pathologie hat, ist natürlich auch mit dabei.

"Im Schatten des Thronfolgers" ist der 3. Band um Polizeiagent Pospischil und seinen Assistenten Dr. Frisch (davon der 2. im Picus-Verlag), und er kommt wie die anderen Bände leise und ruhig daher. Aber genau das mag ich an dieser historischen Krimi-Reihe, auch wenn man sich bei den ersten Kapiteln fragt, wohin das alles führen wird und über die Jagd der Paradiesvögel im Garten des Schlosses, die der Kammermeister Baron Adolf von Wald regelmäßig veranstaltet, verwundert ist. Die Leiche wird erst später gefunden.
Es geht nicht nur um das Lösen der Fälle, sondern auch um das Lebensgefühl der damaligen Zeit. Ich mag es sehr, wie das Speisen beschrieben wird; aber auch die Darstellung der damaligen Technik bzw. des Fortschrittes fand ich sehr interessant. Pospischil sind die Automobile, die es schon seit einiger Zeit gibt und immer beliebter werden, immer noch nicht geheuer, ebenso wie die neumodischen Telefonapparate. Doch er ist den technischen Neuerungen schon etwas mehr aufgeschlossen. Auch die amourösen Gefühle des Polizeiagenten waren humorvoll zu verfolgen.
Ebenso hat sich die Fototechnik entwickelt und man muss keine schweren Glasplatten mehr mitschleppen. (was dem Kammermeister von Wald für seine egoistischen Zwecke natürlich sehr zugute kommt).
Natürlich ist auch das politische Geschehen der damaligen Zeit gut eingearbeitet; die Konkurrenz zwischen dem alten konservativen Kaiser und dem reformoffenen Thronfolger; und wie die Bevölkerung dazu steht.
Auch die Standesunterschiede zwischen den Neugeadelten und der Arbeiterschicht ist anschaulich beschrieben; und mit welchen Problemen junge Frauen, die ungewollt schwanger werden, zu kämpfen haben.
Die Ermittlungen im Umfeld des Thronfolgers und gegen Adelige müssen sehr diskret vonstatten gehen, man will jeglichen Skandal vermeiden und deshalb ist es für Pospischil und Frisch auch nicht einfach.
Die Auflösung war für mich nach einiger Zeit zwar schon offensichtlich, aber es war authentisch und nachvollziehbar.

Die Beschreibungen des wunderschönen Schlosses Artstetten haben mir sehr gut gefallen, die Zwiebeltürme sind wirklich beeindruckend. Schade, dass dies nicht auf dem Cover abgebildet ist.
Die Geschichte wird durch viel direkte Rede lebendig, teilweise auch in österreichischer Mundart. Hier wäre ein Glossar wie im ersten Teil (eines anderen Verlags) für deutsche Leser gut gewesen.
Ich freue mich schon auf einen weiteren Band der historischen Krimi-Reihe, und wie sich v.a. die Karriere des vifen Frisch entwickelt; denn Pospischil überlegt ja (schon seit dem vorigen Band), in Pension zu gehen.


Fazit:
Ruhiger historischer Krimi mit dem schönen Setting Schloss Artstetten, viel Lokalkolorit und sympathischen Ermittlern.