Gigantisch

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jesshoeb Avatar

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Ich wusste, dass Jasmin Schreiber gut schreiben kann – aber dass sie es schafft, mikroskopisch kleine Wesen so groß werden zu lassen, dass sie mein Denken verändern, hätte ich nicht erwartet. Im Schatten von Giganten ist viel mehr als ein Sachbuch: Es ist eine Einladung, die Welt neu zu betrachten – aus der Perspektive der Kleinsten.

Was mich von Anfang an berührt hat, war die Widmung: eine poetische Geste an all die kleinen Tiere, die oft übersehen, missverstanden oder achtlos zertreten werden. Und genau das ist der Ton dieses Buches: zärtlich, klug, voller Neugier und Respekt für das Leben, das sich im Verborgenen abspielt – unter Steinen, in Moospolstern, Pfützen, Baumrinden oder sogar im Dung.

Die Kapitel führen durch verschiedene Mikrohabitate und zeigen, wie reich und komplex das Leben dort ist. Schreiber verbindet ihre wissenschaftliche Expertise mit einer persönlichen Erzählweise, die nie belehrend wirkt. Stattdessen erzählt sie mit Leichtigkeit, Witz und echter Begeisterung – ihre Liebe zu diesen Tieren ist auf jeder Seite spürbar. Besonders schön fand ich die kleinen Anekdoten aus ihrer Kindheit (Stichwort: Tierkrankenhaus im Kinderzimmer), die das Buch nahbar und menschlich machen.

Die Fotografien sind atemberaubend. Sie zeigen Insekten, Spinnen, Schnecken, Mikroorganismen in einer Detailtiefe, die man sonst nie zu Gesicht bekommt. Manche Bilder sind so ausdrucksstark, dass ich sie mehrfach anschauen musste – und plötzlich war da kein Ekel mehr, sondern Faszination. Diese Ästhetik des Unsichtbaren ist einer der größten Schätze des Buches.

Im Schatten von Giganten hat mir nicht nur Wissen vermittelt, sondern meinen Blick verändert. Ich werde nie wieder achtlos über einen Käfer hinwegsehen. Ich gehe jetzt langsamer durch den Wald, schaue genauer hin – und entdecke dabei eine Welt, die vorher einfach „unter meinen Füßen“ lag.

Fazit: Ein wunderbares Sachbuch, das die kleinsten Lebewesen ins Zentrum stellt – mit viel Herz, Verstand und Humor. Ideal für neugierige Menschen jeden Alters. Für mich ist es eine Liebeserklärung an die oft vergessene Vielfalt unseres Planeten. Und ein Plädoyer für Achtsamkeit – selbst im Schatten der ganz Großen.