Wo ist der Garten für die Libelle?

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Inhalt

Alice Quentin wird von der Polizei als klinische Psychologin hinzugezogen, um den Straftäter Morris Cley einzuschätzen, da er in den nächsten Tagen entlassen wird. Obwohl DCI Don Burns Morris für sehr gefährlich hält und ihm unterstellt, dass er bei IQ-Tests absichtlich falsch geantwortet hat, schätzt Alice Quentin Morris als nicht gewalttätig ein. Morris Cley, der mit dem Ehepaar Benson befreundet war, das in einem Heim mehrere Kinder gequält und umgebracht hat, kann in die Freiheit entlassen werden.

Kurze Zeit später stößt Alice beim Laufen durch Zufall auf ein totes Mädchen. Da die Art und Weise wie die Leiche zugerichtet ist, die Handschrift der Bensons trägt, ist Morris Cley gleich unter Verdacht.

Alice Quentin hat mit ihrem Bruder Will eine sehr schwere Kindheit erlebt. Ihr Vater war Alkoholiker und wurde sehr oft gewalttätig gegenüber Alices Mutter, die sich zusammen mit ihrer Tochter in einem Schrank unter der Treppe versteckte. Aus dieser Zeit hat Alice eine Klaustrophobie behalten. Ansonsten scheint sie die traumatischen Erlebnisse soweit im Griff zu haben, dass sie ein normales, beruflich erfolgreiches Leben führen kann. Anders ihr Bruder Will. Er war mal ein sehr erfolgreicher und gut aussehender junger Banker und ist dann psychisch erkrankt und drogenabhängig geworden. Seither wohnt er in einem Bus, der meistens vor Alices Wohnung parkt.

Als eine weitere Leiche mit den gleichen Kennzeichen neben seinem Bus aufgefunden wird und Will verschwunden ist, wird auch er zum Verdächtigen. Gleichzeitig erhält Alice Drohbriefe und wird deshalb in einem Hotel unter Polizeischutz gestellt.


Meine Meinung

Da der Krimi in London spielt und ich diese Stadt liebe, habe ich die Lektüre ganz besonders genossen, weil ich mir unter den Schauplätzen jeweils ein Bild machen konnte. Die Hauptfiguren Alice Quentin und ihre Freundin Lola sind sehr lebensecht charakterisiert. Das Buch ist in der Erzählweise der 1. Person geschrieben, was den Leser unmittelbar am Geschehen beteiligt.

Ich habe mit Alice gelitten, die die psychischen Probleme ihres Bruders kannte und selbst als Psyhologin daneben stehen und zuschauen musste, wie es ihm schlecht ging. So hat sein Leiden den Verlauf der gesamten Ermittlungen sehr stark mitbestimmt.

Alice hat vermutlich infolge ihrer schwierigen Kindheit gewisse Probleme mit Beziehungen. Sie wird einerseits als sehr leidenschaftlich dargestellt, hat aber dann wiederum Probleme, wenn ihr jemand zu nahe kommt. Deshalb hatte ich etwas Mühe, mich in sie herein zu versetzen, als es im Umfeld der Polizei mit einem Mann förmlich in der Luft knisterte. Ihre Reaktionen waren mir nicht immer nachvollziehbar.

Die Spannung im Buch wird aufrecht gehalten durch die über Alice schwebende Bedrohung und Wills psychischen Zustand. Allerdings fließt die Handlung ohne große Höhepunkte in Richtung Auflösung, die dann relativ plötzlich und für meinen Geschmack etwas zu ruhig daher kommt. Ich bin nicht der Fan von großen unglaubwürdigen „Showdowns“, aber hier war es mir doch etwas zu ruhig und den Täter hatte ich leider auch ziemlich bald erraten.

Auffallend an dem Buch ist das schöne Cover. Auf türkisgrünem Hintergrund ist eine Libelle zu sehen, deren Konturen an den Flügeln ausgeschnitten sind. Auf der ersten Seite ist das komplette Bild der Libelle, so dass man von außen auf die Flügel sieht und diese fast eine Art 3D-Effekt ergeben. Im inneren Bild ist die Libelle umgeben von vielen Stecknadeln, was einen sehr interessanten Effekt ergibt. Allerdings haben weder die Libelle noch die Stecknadeln einen direkten Zusammenhang mit der Handlung.

„Im Totengarten“ ist der erste Teil einer Serie. Die Hauptfiguren sind für mich interessant und gut eingeführt. Der Verlauf der Handlung war spannend, aber für meinen Geschmack etwas zu ruhig. Ich hatte nach gut zwei Dritteln mal einen Gedanken, wer der Täter sein könnte und das hat sich auch so herausgestellt. Dennoch ist am Ende nicht alles wirklich schlüssig, so dass für mich sind noch Fragen offen geblieben sind, die vielleicht im zweiten Teil beantwortet werden. Da ich dem Lebenslauf der Autorin entnommen habe, dass sie bereits Preise für ihre Lyrik gewonnen hat, werde ich mir den zweiten Teil voraussichtlich auf Englisch besorgen. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich der wirklich sehr angenehme Sprachstil im Original noch schöner liest.


Mein Fazit

Mich hat „Im Totengarten“ sehr gut unterhalten. Ich konnte den Krimi sehr schnell lesen und konnte auch etwas mit den Hauptfiguren mitfühlen. Insgesamt fand ich das Buch aber nicht herausragend spannend, weil ich das Gänsehautgefühl vermisse. Dennoch halte ich den Krimi für einen recht gelungenen Serienstart und es nimmt mich jetzt schon wunder, wie es mit Alice und Will weitergeht.

Ich vergebe vier Sterne.