Freiheit und Gleichheit

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elohym78 Avatar

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Nach dem Tod der Eltern stehen Louise und ihre Schwestern alleine da. Noch lange ist es nicht selbstverständlich, dass Frauen sich alleine um ihr Erbe kümmern dürfen; alleine ohne die Herrschaft eines männlichen Vorwundes. Doch in Sachsen ist dies möglich und so besteht Louise auf ihre Unabhängigkeit. Ein Verhalten, dass nicht von allen für gut befunden wird. Doch Louises Weg steht fest: Sie will für die Rechte von Frauen kämpfen!
Auch Susanne steht alleine da. Nachdem sie und ihre Mutter die Anstellung in einer Tuchfabrik verloren haben, müssen sich die beiden durchs Leben schlagen. Susannes Mutter ist schwer krank und kann nicht mehr arbeiten. Susanne bleibt nur ein Weg: Sie verkauft ihren Körper. Ihr ist die Ungerechtigkeit durchaus bewusst und als sich ihr der Weg zum Kampf für die Rechte von Frauen bietet, greift sie zu!

Das Cover zeigt Louise, wie sie auf die Wirren des Bürgerkriegs blickt. Soldaten gegen Bürger mitten in den Straßen Berlins und sie als Frau kann nur flüchten und mit Worten kämpfen. Die deutsche Flagge flattert über der Szene, schon halb zerrissen.
Ich finde das Coverbild sehr stark und passend zum Inhalt des Buches gewählt. Mir sprang es sofort ins Auge und zusammen mit dem Klapptext ließ es mich zu dem Buch greifen.

Tanja Kinkel hat mit ihrem Roman Im Wind der Freiheit bei mir einen Nerv getroffen. Die Autorin schildert die Anfänge der Bundesrepublik Deutschland. Den Anfang des Grundgesetzes und den Kampf um das Recht von Gleichberechtigung. Viele der geschilderten Geschehnisse, sind natürlich allgemein bekannt und trotzdem verleiht Tanja Kinkel der Geschichte Lebendigkeit. Plötzlich ist alles so nah, so greifbar und der Kampf für die Freiheit und die Gleichheit ein ehernes Ziel. Dass, was ich jetzt genießen kann, ist wirklich noch nicht lange ein allgemeines Gut. Und deshalb tut es mir gleich doppelt weh, wenn ich die Nachrichten einschalte und sehe, dass der damalige Kampf auch heute noch aktuell ist. Und noch viel schlimmer, dass die erkämpften Rechte nicht nur als selbstverständlich angesehen werden, sondern vor allem als Selbstläufer. Doch um Freiheit und Gleichheit muss leider immer noch gekämpft werden. Wählen gehen darf keine Pflicht sein, sondern ist ein teuer erkämpftes Recht, das jeder von Herzen gerne nutzen sollte!

Mich hat Tanja Kinkels Buch deswegen so bewegt, weil sie mit so viel Herzblut und Energie schreibt, dass ich mich in die Geschehnisse förmlich hineingezogen fühlte. Ja, an einigen Stellen war das Buch sehr politisch und auch langatmig. Und doch war jedes Wort es wert, gelesen und verinnerlicht zu werden. Der Kampf um die Freiheit ist mir natürlich bekannt, was es mit den einzelnen Menschen, egal ob arm oder reich wirklich gemacht hat, das zeigte mir Tanja Kinkel. Anschaulich, bewegend und mitreißend.

Die beiden Protagonistinnen, oder sollte ich besser sagen Heldinnen des Buches, Susanne und Louise könnten nicht unterschiedlicher sein. Während die eine in bitterer Armut aufwuchs und schon früh das Gesetz der Straße lernen musste um zu überleben, kämpft die andere in ganz anderen gesellschaftlichen Gefilden. So unterschiedlich die beiden Frauen und ihre Herkunft auch ist, sie kämpfen beide für die gleiche Sache: Die Gleichberechtigung von Frauen. Und doch könnte der Unterschied nicht größer sein.
Während Louise für die Freiheit und für das Wahlrecht einsteht, möchte Susanne gleichen Lohn und die Anerkennung von der weiblichen Arbeitskraft. Der Schlachtruf "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" ist leider auch heute, knapp zweihundert Jahre später, immer noch aktuell.

Aktuell, schonungslos und aufrüttelnd. So bleibt mir dieses wunderbare Buch von Tanja Kinkel in Erinnerung!