Schule voller Schatten, Schwächen und Sehnsucht

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kobina Avatar

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Ich habe meine Spookyseason dieses Jahr mit Immortal Consequences begonnen – und muss sagen, dass es wirklich eine gute Wahl zum Oktoberauftakt war.
Eins vorweg: Der Klappentext lässt vermuten, dass sich die Geschichte hauptsächlich um Wren und August dreht und wir es hier mit einer klassischen Hetenromantasy zu tun haben. Dem ist nicht so! Alle sechs aufgezählten Charaktere spielen eine ungefähr gleich gewichtete Rolle, und die Handlung konzentriert sich keineswegs nur auf die Gefühle zwischen Wren und August. Besonders Olivier und Emilio haben von Seite eins an Herzen in den Augen, während es bei Irene und Masika deutlich komplizierter wird.

Der Einstieg (das Buch ist, soweit ich weiß, als Trilogie angelegt) zieht sich zugegeben etwas. Vor allem der Schreibstil verrät, dass es sich bei I. V. Marie um eine Debütautorin handelt: Satzstrukturen wiederholen sich, und manche Formulierungen klingen ein wenig gleichförmig. Außerdem fällt schnell ein Denkfehler im Aufbau der Akademie auf, die eine negative Wachstumsrate hat – alle zehn Jahre verlässt genau eine Person die Schule, während immer wieder andere abbrechen, aber nur alle „paar Jahrzehnte“ mal ein Neuling dazukommt. In Anbetracht der Tatsache, dass mehrfach betont wird, wie unwahrscheinlich ein Abschluss überhaupt ist, wirkt diese Logiklücke leider wie ein kleiner Dorn im Fleisch.

Kann man über diese Schwächen hinwegsehen, erwartet einen aber eine wirklich gute Zeit!
Wir begleiten sechs sehr unterschiedliche Figuren, deren Dynamik zueinander glaubhaft und konsequent bleibt. Die Welt ist durchzogen von herbstlichen Vibes, gotischer Architektur, einem Geheimbund, dem Jenseits und verlorenen Seelen. Der Handlungsverlauf bietet eine angenehme Mischung aus Vorhersehbarkeit und Überraschung – man kann miträtseln, kommt den Figuren oft knapp zuvor, ohne dass einem die Lösung auf dem Silbertablett serviert wird.
Niemand ist übertrieben „gut“ oder „böse“, sondern bewegt sich in einer angenehm grauen Zone dazwischen. Und Magie hat hier endlich wieder Konsequenzen: Wer sie wirkt, zahlt den Preis in Form eigener Energie.

Das Ende hinterlässt schließlich viele offene Fäden und genau die richtige Portion Neugier. Der Status der einzelnen Figuren ist so gewählt, dass man am liebsten einfach weiterlesen würde, um zu erfahren, wie sich ihre Beziehungen und Schicksale entwickeln. Ich bin auf jeden Fall gespannt, welche Richtung die Reihe noch einschlagen wird – das Potenzial ist da, und die Grundlage ist definitiv gelegt.