Coming-of-age für die Generation Ü30

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Zu Beginn wird der Leser mit drei kurzen Abschnitten, sozusagen als Appetithäppchen, mitten in das Denken der Protagonisten eingeführt. Da gibt es Delphine und Denis und deren Kinder Alex und Jeanne, die sich auf den Weg zu Ihrem Ferienhaus in der Normandie machen. Wie jedes Jahr wird dort der 14. Juli zusammen mit Freunden feierlich begangen. Doch bereits in den acht Zeilen der ersten Seite wird klar: Es kriselt gewaltig. Auch Lola und Samuel sind ein Paar, allerdings erst seit einem Jahr. Die Radiomoderatorin sieht ihren deutlich jüngeren Partner teils bewundernd, teils bedauernd, noch als Kind und scheint sich ungern auf längere Beziehungen festzulegen, so dass die Gastgeber die stets wechselnde Besetzung des neuen Partners schon gar nicht mehr ernst nehmen. Schließlich sind da noch Marie und Nicolas, sie Schauspielerin, die nur noch für Großmutter-Rollen besetzt wird, er der aufmerksame und aufrichtige Fan seiner Frau, der mit feinen Antennen wahrnimmt, wie sehr sie unter ihrer bröckelnden Karriere zu leiden hat.

Vor diesem Hintergrund – jeweils aus Sicht der Frauen erzählt – beginnen die drei Tage am Meer bei schönstem Wetter. Mit melancholischen, treffenden Sätzen beschreibt die Autorin auf den nächsten Seiten zunächst die große Leere und Hilflosigkeit, die sich in der einst so glücklichen Ehe von Delphine und Denis breitgemacht hat. Beide leiden, können dies jedoch nicht kommunizieren. Was bleibt sind fortwährende Kabbeleien und Schweigen, man lebt aneinander vorbei. Der Urlaubsort, gepflastert mit jahrelangen schönen Erinnerungen an glücklichere Zeiten, wird zur Bühne für den Plot, denn: „In diesem Jahr aber würde nichts so ablaufen wie erwartet“.

Die ersten Seiten machen Lust auf mehr. Bereits nach wenigen Zeilen kann man sich in die Charaktere hineinversetzen und hört das Meer rauschen. Der melancholische Unterton ist anrührend und man kommt nicht umhin, die ein oder andere Szene mit einem nickenden ‚oh ja, das kenne ich‘ zu bedenken. Kein heiteres Buch, sondern eine Art coming-of-age für Ältere: Die 52jährige Marie, die 40jährige Delphine, die 38jährige Lola. Fein beobachtet, in einem angenehm zu lesenden, klugen Stil geschrieben, dürfte dies ein gutes Buch für verregnete Sonntagnachmittage sein.