Brillante Dialoge und kluge Beobachtungen

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Daniel Glattauers „In einem Zug“ ist eine faszinierende, klug erzählte Geschichte über eine zufällige Begegnung, die mehr Tiefe offenbart, als es der schlichte Rahmen vermuten lässt. Der Liebesromanautor Eduard Brünhofer, müde von seinem Genre und seiner eigenen Langzeitbeziehung, trifft im Zug von Wien nach München auf die neugierige und unkonventionelle Catrin Meyr. Was als vermeintlich unangenehme Smalltalk-Pflicht beginnt, entwickelt sich zu einem intensiven Schlagabtausch über Liebe, Beziehungen und die Herausforderungen von Nähe und Distanz. Catrins ungefilterte Fragen bringen Eduard zunehmend in die Defensive und eröffnen dennoch neue Perspektiven.

Der größte Reiz des Romans liegt in seinen meisterhaft geschriebenen Dialogen, die zugleich unterhaltsam und tiefgründig sind. Glattauers präziser und intelligenter Schreibstil fängt die Dynamik zwischen den beiden Figuren perfekt ein und schafft es, den Leser förmlich in das Zugabteil zu ziehen. Die Gespräche wirken so lebendig und authentisch, dass man das Gefühl hat, ein stiller Mitreisender zu sein.

Die reduzierte Handlung, die sich ausschließlich auf die Zugfahrt konzentriert, schafft eine intime und zugleich beklemmende Atmosphäre. Diese Minimalistik ist einerseits eine Stärke, da sie den Fokus auf die Figuren und ihre Interaktion lenkt, andererseits hätte der Geschichte eine stärkere Entwicklung oder eine überraschendere Auflösung noch mehr Tiefe verleihen können.

Insgesamt ist „In einem Zug“ ein kurzweiliger, aber sehr lohnender literarischer Ausflug, der durch brillante Dialoge und kluge Beobachtungen über die Liebe besticht. Ein Buch, das man in einem Rutsch liest und das noch lange nachwirkt. 4 von 5 Sternen.