Familie und Heimat

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Die Geschichte beginnt im Mai 1883. In dem kleinen pfälzischen Dorf Mühlbach spielen die Kinder Lina und Albert, die als unzertrennlich gelten, zusammen mit Karl, den Dritten im Bunde. Die Zeit geht dahin und aus den Kindern werden junge Leute, Lina und Albert verlieben sich ineinander. Als Lina schwanger wird will Albert sie heiraten, doch seine Eltern verbieten es und drohen ihm mit enterben. Er lässt Lina im Stich, die mit einem unehelichen Kind fortan von der Dorfgemeinschaft gemieden wird. Als Karl, der selbst ein „Bankert“ war und inzwischen weggezogen ist, davon erfährt, bietet er Lina an, sie zu heiraten. Lina willigt ein und gemeinsam mit Charlotte, dem inzwischen geborenen Baby, verlassen sie Mühlbach und ziehen nach Bremen. Dort wird Lina vom Heimweh geplagt, sie sehnt sich zurück ins Elternhaus und möchte auch ihre Brüder wieder sehen. Bei einem Besuch kommt es zu einer unangenehmen Begegnung, die beinahe die kleine Familie zerstört hätte …
Barbara Leciejewski, die Autorin von „In Liebe, deine Lina“ wurde in Mühlbach, dem Ort der Handlung, geboren. Nach der Schule studierte sie in München Literaturwissenschaft, Linguistik und Theaterwissenschaft, hatte einige Jobs am Theater und arbeitete dann, bevor sie mit Schreiben begann, als Synchroncutterin. Inzwischen sind mehrere Romane von ihr erschienen – eine Fortsetzung der Geschichte um Lina unter dem Titel „Für immer, dein August“ ist für März 2024 geplant.
Der Roman ist nicht irgendeine Geschichte, sondern die Geschichte der Vorfahren der Autorin, die mit Urgroßmutter Lina begann. Neben den Fakten ist sicherlich einiges an Fantasie und an Erdachtem eingeflossen, dennoch hat man immer den Eindruck, dass es so und nicht anders gewesen sein muss. Der Schreibstil ist sehr ansprechend, angenehm flüssig und gut lesbar. Die einzelnen Charaktere sind sehr gut und differenziert heraus gearbeitet, man lebt, liebt und leidet beim Lesen mit ihnen. Es ist stets zu merken, dass die Autorin die Geschichte ihrer Familie mit viel Liebe und Herzblut geschrieben hat.
Neben der ergreifenden Familiengeschichte sind noch einige, in der damaligen Zeit relevante Themen mit eingeflossen. So lesen wir über den Kampf der Frauen um Gleichberechtigung, sind bei den ersten Aufruhren schlecht bezahlter Arbeiter dabei und müssen erleben, wie die jungen Männer freudigen Herzens in den 1. Weltkrieg ziehen. Auch waren die Moralvorstellungen in der damaligen Zeit andere als heute. Eine schwangere Frau, die für ihr Kind keinen Vater nachweisen konnte, wurde von der Gesellschaft geächtet und ausgegrenzt. Selbst das unehelich geborene Kind, der „Bankert“, hatte darunter zu leiden, da niemand mit ihm zu tun haben wollte.
Fazit: Ein schönes, lesenswertes Buch – man darf auf den 2. Band der Mühlbach-Saga gespannt sein.