Ich fühle mich betrogen

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rebekka Avatar

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Ach, hätte Annie Barrows doch einen reinen Briefroman geschrieben wie 2008 gemeinsam mit ihrer Tante Mary Ann Shaffer! Dann wäre „In Liebe Layla“ vielleicht ein genauso entzückendes Buch geworden wie „Deine Juliet“. Das Zeug dazu hätte die amerikanische Schriftstellerin gehabt, wie einige (viel zu wenige) Kapitel in Briefform beweisen. In diesen Passagen beweist sie Humor und Sprachwitz, arbeitet mit verbalen Spitzen und bringt ihre Leserinnen mit ihren Sottisen zum Lachen.
Leider entschied sie sich aber gegen diese Romanvariante und fabrizierte eine unentschlossene Mischung von Kinderbuch und Familiengeschichte, die sich nach den ersten Seiten zieht wie Kaugummi und nur die üblichen Klischees bedient. Alteingesessene Familie wird durch einen Schicksalsschlag aus der Bahn geworfen, ein lange zurück liegender Todesfall harrt immer noch der Aufklärung und dunkle Geheimnisse werden bis zu ihrer Auflösung ganz am Schluss lediglich angedeutet. Die Protagonisten sind – abgesehen von der titelgebenden 24jährigen Senatorentochter, die zum Geldverdienen in die tiefste Provinz geschickt wird – entweder skuril oder geheimnisumwittert oder frühreif. Alles wie schon tausend Mal gelesen also.
Die Kapitel, die angeblich aus der Feder einer Zwölfjährigen stammen, lesen sich anfangs ganz nett, nerven aber ab der Mitte ganz gewaltig. Und Layla, die so witzig in die Geschichte eingeführt wird und laut Klappentext „nicht nur die Geschichte der Stadt, sondern auch die von manchen Bewohnern kräftig durcheinanderwirbelt und neu schreibt“? Sie ist eigentlich eine Randfigur, denn die Dinge hätten sich in Macedonia früher oder später auch ohne sie so oder doch so ähnlich entwickelt. Nicht mal der Schluss ist befriedigend. Die Geschichte plätschert irgendwie dahin und versickert schließlich im Sand.
Die hohen Erwartungen, die ich nach der Leseprobe an das Buch hatte und die auch durch das Cover verstärkt wurden, haben sich jedenfalls in keiner Weise erfüllt. Im Gegenteil: Ich fühlte mich regelrecht betrogen. Dazu mag auch die fulminante Übertreibung beigetragen haben, zu der sich der btb-Verlag auf dem Cover versteigt. Nein, Annie Barrows ist NICHT die Autorin des Bestsellers „Deine Juliet“. Sie half der wahren Schöpferin dieser wunderbaren Geschichte, ihrer Tante Mary Ann Shaffer, lediglich kurz vor deren Tod bei der Fertigstellung ihres Buches.