Was eine Ausnahmesituation aus uns macht

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
yesterday Avatar

Von

Dieser Thriller entwickelt seine Spannung weniger aus einem klassischen Mord oder einer Gräueltat heraus sondern vielmehr aus der intensiven Betrachtung menschlicher Gefühle in extremen Situationen. Eine Gruppe von fünf Frauen wandert (gezwungenermaßen) durch den australischen Urwald. Während langsam aber sicher immer mehr Kleinigkeiten in ihrem Plan scheitern, erlebt der Leser den langsamen Verfall von höflichem, engagiertem Verhalten hin zu nackter Panik ums Überleben.

Was die Sache noch pikanter macht: die fünf sind keine homogene Freundinnen-Gruppe, sondern Arbeitskolleginnen, somit besteht noch eine Hierarchie zwischen ihnen, die zwar etwas verschwimmt, je länger sie unterwegs sind, aber unterschwellig immer Bestand hat. Sie müssen sich ja noch in die Augen sehen können, wenn sie aus dem Dschungel herauskommen…

Auch wenn grobe Punkte der Geschichte schon vorher zu erraten sind, ist der Thriller so gut geschrieben, dass man die Abschnitte (die gegen Ende deutlich kürzer werden) nur so verschlingt. Die kleinen Schwächen fallen nicht so sehr ins Gewicht, vielmehr beschäftigt man sich nebenbei noch mit einigen Fragen.

“Was, wenn mir das passieren würde?” “Wie würde ich mich gegenüber … verhalten?” “Würde ich abwarten oder versuchen einen Weg zu finden?” “Wie viel Mut hätte ich tatsächlich in einer fast ausweglosen Situation?”

Hinten auf dem Buchcover steht ganz oben ein Satz: “Grausamer als die Natur ist nur der Mensch.” Das ist soweit keine Überraschung, dennoch fasst er das Buch eigentlich sehr gut zusammen und zeigt schon, wo der Fokus liegt. Es ist keine blutrünstige Grausamkeit im Spiel, sondern in erster Linie psychische, verbale. Und die kann viel schlimmer sein.

“Ins Dunkel” ist der zweite Teil der Serie um Polizist Aaron Falk aus Melbourne.