Die Altmark lässt grüßen

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Pippa Bolle, Mitglied einer lebhaften Familie mit Vorliebe für Doppelkonsonanten im Namen, verschlägt es in ihrem 4. Fall in die Altmark. Ihr Vorhaben, in der idyllischen Landschaft für 14 Tage die Gesellschafterin für Christabel Gerstenknecht zu sein, wird bereits kurz nach ihrer Ankunft durch einen doch beachtlichen Todesfall vereitelt.

Harry Bornwasser, aufgrund seiner Tätigkeit als Gerichtsvollzieher die persönliche Heimsuchung von Storchwinkel, wird tot unter dem Zapfhahn eines Bierfasses aufgefunden. Die Trauer hält sich in Grenzen; dafür fehlt auch die nötige Zeit, denn kurz darauf fällt Waltraut Heslich, Mitglied der Doppelkopfrunde, der Baumkuchenwalze zum Opfer.

Eine Leiche folgt der nächsten im Storchendreieck: Storchwinkel-Storchentramm-Storchhenningen und mittendrin die fast hundertjährige Christabel. Die resolute, mit Mutterwitz und Kombinationsgabe sowie einer geballten Ladung Ironie ausgestattete Besitzerin der Gartenzwergmanufaktur ist der gewitzten Pippa durchaus eine ebenbürtige Partnerin, wenn es darum geht, Kommissar Seeger bei seinen Ermittlungen behilflich zu sein und seinem jungen Kollegen Hartung hie und da auf die Sprünge zu helfen.

Während die Bewohner der Region den Blick in den Himmel richten, um die Landung des ersten Storches für dieses Jahr zu beobachten und eventuell den ausgelobten Preis zu erhalten, wenn der Storch denn in ihrem Nest sein Domizil einrichtet, wird am Boden gemordet was das Zeug hält.

Dank der detektivischen Spürnase von Pippa, der Lebenserfahrung und dem Wissen von Heinrich, dem alten Spökenkieker, um all die noch verborgenen kleinen und großen Geheimnisse in Storchwinkel und Umgebung, die lange in die Zeit der DDR zurückreichen, findet alles doch noch ein Gutes Ende.

Die Autorinnen Auerbach und Keller verstehen es prächtig, Spannung zu erzeugen und zu halten, auch wenn die Mörder nicht gerade mittels neuester Handfeuerwaffen und blutrünstiger Mordmethoden zum Ziel gelangen und das Blut nicht aus jeder Seite literweise tropft. Hier schreibt das ganz normale Leben die Story, die Opfer fallen keinen Psychopathen mit ausgeklügelten Handlungen anheim, sondern eher der vermeintlichen Gerechtigkeit des Lebens.

Menschen wie Du und ich werden Teil der Handlung und sind dem Leser sympathisch mit all ihren großen und kleinen Macken, menschlichen Schwächen und durchtriebenen Absichten. Eingebettet in eine idyllische Landschaft sind Mordoper und Täter in gewisser Weise wenig spektakulär. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, da mehr verheimlicht als offenbart wird. Und dennoch gelangen Pippa und der Kommissar auf die richtig Spur und bringen letztendlich alles zu einem guten Ende für (fast) alle Beteiligten. Dabei wird natürlich auch das Geheimnis der nicht ganz hundertjährigen Christabel gelüftet.

Eine durchaus liebenswerte Detektivin wider Willen, ein sympathischer Kommissar kurz vor dem Ruhestand und die über allem wachende Besitzerin der Gartenzwergmanufaktur machen dieses Buch wie schon andere Figuren seiner Vorgänger in der Reihe um Pippa auf leichte Leseweise zum Erfolg. Zudem erhält der Leser Einblick in eine wohl für viele unbekannte Landschaft und erfährt so einiges über die Gewohnheiten der Menschen dort.

Alles in allem eine gelungene Kombination aus Familiengeschichte und Kriminalfall, der Einstieg in diesen 4. Band ist ohne Kenntnis der vorherigen drei Fälle mühelos möglich.
Eine erfrischende Abwechslung zu Carter, Beckett und Co. und durchaus nicht weniger spannend. Nur eben ganz anders.

All denen, die Miss Marple lieben, kann Frau Pippa nur empfohlen werden. Lesevergnügen pur!