Für mich eine mehr als angenehme Überraschung!

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pmelittam Avatar

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Pippa Bolle, Dolmetscherin und Haushüterin erhält einen neuen Auftrag, sie soll in der Altmark der 100jährigen Christabel Gerstenknecht, Chefin einer Gartenzwergefabrik, Gesellschaft leisten, eine gut bezahlte Tätigkeit, die Pippa gerne annimmt. Sie kann ja nicht ahnen, dass sie wieder einmal in einen Mordfall verstrickt werden wird. Und bei einem Mordfall bleibt es nicht. Pippa kann nicht anders, sie fängt an zu ermitteln.

Für mich war dieser vierte Band der Reihe der erste Pippa-Bolle-Roman. Ehrlich gesagt, hatte ich mir nur einen locker zu lesenden Kriminalroman mit humorvollen Einschlägen erwartet, der mich gut unterhält. Überrascht war ich dann vom Tiefgang. Die Lösung basiert auf einem tatsächlichen Geschehen, das weitgehend unbekannt sein dürfte, aber deutliche Auswirkungen auf die Betroffenen hat. Dass dies als Hintergrund für diesen Roman dient, fand ich richtig gut. Trotz dieses sehr ernsten Hintergrundes bleibt der Humor nicht auf der Strecke, kein schenkelklopfender Humor, sondern ein sehr feiner Humor, der zum Teil aus Situationskomik entsteht, zum Teil auch aus den Dialogen.

Die beiden Autorinnen haben einige sehr interessante, zum Teil auch sehr skurille Charaktere entwickelt. Schon Pippa Bolle ist nicht ohne, neugierig, klug, furchtlos, gefällt sie mir richtig gut. Und ihr Name tut natürlich ein Übriges. Zu Beginn befindet sich der Leser/die Leserin in Pippas Heimat Berlin und lernt dort ihre Familie, Freunde und Nachbarn kennen, von denen jeder schon ein Typ für sich ist. Und so geht es dann in der Altmark munter weiter. Die beiden Kommissare, einer kurz vor der Pensionierung („sein letzter Fall“), einer noch jung und unerfahren („sein erster Fall“), der aber an seinen Aufgaben wächst, Christabel Gerstenknecht selbst, zwar alt und recht hinfällig, geistig aber vollkommen auf der Höhe und die Zügel nicht nur ihrer Fabrik sondern auch des Dorfes in der Hand haltend, die Jugendamtsleiterin, die eher wie eine Karikatur wirkt, ich denke (und hoffe), dass es so jemanden heutzutage nicht mehr gibt, und all die anderen Charaktere, die man auch vorne in der Personenliste findet (von der man sich nicht erschlagen lassen sollte!). Ich finde jeden einzelnen klasse und authentisch – oder eben schon wieder so übertrieben klischeehaft, wie die Jugendamtsleiterin.

Toll finde ich auch das Setting in der Altmark, einen Landstrich, den ich noch nicht kannte und der sehr liebevoll dargestellt wird, auch hier womöglich etwas übertrieben, z. B. durch die Bürgermeister, von denen sich jeder besonders profilieren möchte, sich aber größtenteils nur lächerlich macht. Auch die Gartenzwergefabrik ist eine schöne Idee, die zu einigen netten Handlungssträngen beiträgt.

Der Schreibstil von Auerbach & Keller ist eingängig und lässt sich flott lesen. Ich hatte keine Sekunde Langeweile, im Gegenteil, es fiel mir sehr schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Dabei ist der Kriminalfall und seine Aufklärung nicht übermäßig spannend, was ich aber absolut nicht vermisst habe. Die Geschichte an sich ist amüsant und die Aufklärung eine runde Sache.

Wie schon oben erwähnt, ist dies der vierte Band der Reihe. Die drei Vorgänger sind ruckzuck auf meine Wunschliste gewandert, nachfolgende Romane werde ich garantiert auch lesen. Wer gerne Kriminalromane mit feinem Humor liest, skurrile Charaktere mag und Wert auf authentische Hintergründe legt, kann mit der Pippa-Bolle-Reihe nichts falsch machen. Von mir kommt eine absolute Leseempfehlung!