Offen, bewegend, persönlich!
Ich bin ein leidenschaftlicher Tennisfan, und mir entgeht wohl selten ein Match, das im TV übertragen wird. Dabei interessieren mich auch immer wieder die Kommentare von Boris Becker, die für mein Empfinden immer sehr ehrlich, zutreffend und fundiert sind. Daher war ich ganz besonders neugierig auf sein neues Buch „Inside“, das von seiner Zeit in den zwei britischen Gefängnissen Wandsworth und Huntercombe handelt. Im April 2022 war er wegen des Vorwurfs von Insolvenzstraftaten zu 30 Monaten Haft verurteilt worden, von denen saß er insgesamt 7 Monate hinter Gittern. Ich wurde nicht enttäuscht, im Buch gibt sich Becker offen und reflektiert, und die Dinge, die mich interessierten aus seinem Leben, habe ich auch auf den gut 345 Seiten gefunden. „Inside“ ist gut zu lesen, abwechselnd wird von der Zeit hinter Gittern und dem Privatleben erzählt. Wie konnte es dazu kommen, dass ein so gefeierter deutscher Tennisstar so tief gefallen ist? Er, der zig Trophäen mit nach Hause nehmen konnte und Millionen verdiente, endete quasi mit null Euro in der Tasche in englischen Gefängnissen? Mehr als einmal macht er dafür seinen frühen Ruhm und den Sieg des Wimbledon-Turniers im Alter von nur 17 Jahren mit verantwortlich. Er ist der Überzeugung, wäre er nicht so früh so erfolgreich gewesen, wären die Dinge anders gelaufen. Boris Becker gibt dabei auch Fehler zu, die er in seinem Leben gemacht hat, wenngleich er gleichzeitig immer wieder betont, „Er habe es eben für zwei Wochen versäumt, seinem Insolvenzverwalter Vermögenswerte anzugeben und habe Geld aus der Insolvenzmasse für Unterhalt, Miete und die Kosten einer Knieoperation verwendet. Das kann in meiner Position jedem passieren", so Becker. Alles verloren, und doch wieder auf Kurs, so würde ich es einmal bilanzieren. So schwer die Zeit auch temporär im Gefängnis war – unangenehme Wärter, schreiende Mitinsassen, schimmelige Zellen, dubiose Häftlinge - so war es für Boris gleichzeitig auch ein Neuanfang. Im Gefängnis konnte er neue Freundschaften schließen, er hat das Buch geschrieben, mit Lilian scheint er die perfekte Frau an seiner Seite zu haben, die ihn in der wohl schwersten Zeit seines Lebens nicht hat fallen gelassen und mit der er nochmal Vaterfreuden genießen wird, und auch nach der vorzeitigen Entlassung aus der Haft steht er wieder in Lohn und Brot, kommentiert bei Turnieren, und präsentiert sich wieder im Rampenlicht. Die schwere Zeit hat ihm allerdings auch aufgezeigt, welche Freunde die wahren sind . Mir hat gut gefallen, wie ehrlich und schonungslos Boris Becker dieses Buch geschrieben hat, es hat meine Erwartungen erfüllt. Ich gebe für das Buch auf jeden Fall eine klare Leseempfehlung, ich habe es sehr gerne gelesen, und ich bin um einige Informationen rund um den Menschen Boris reicher. Auch der Blick hinter die Gefängnismauern war durchaus interessant. Manche Zustände, die er beschreibt, hätte ich so nicht erwartet. Aber aus diesem Grund wollte ich es ja lesen. Der Buchtitel „Inside“ ist für mein Empfinden perfekt gewählt, und dass Becker „Gesicht“ auf dem Cover zeigt, ebenfalls.