Das Ende war originell

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Insight klingt und beginnt auch vielversprechend: Valerie Sophie bekommt ekelhafte Nachrichten und muss kurz darauf feststellen, dass dahinter jemand steckt, der sie stalkt und ihr droht.

Sehr positiv aufgefallen sind mir zum einen die originellen Kapitelüberschriften, die viel mit Ausdrücken und Redewendungen spielt. Zum anderen empfand ich den Schreibstil als sehr angenehm und flüssig zu lesen.

Nichtsdestotrotz hat mir in diesem Buch schlicht und einfach das „Leben“ gefehlt. An vielen Stellen im Mittelteil hat die Handlung kaum Spannung aufgebaut und nach der dritten Stalker-Nachricht, die trotz allem recht unaufgeregt abgehandelt wurde, hätte sich das Drama durchaus bereits zuspitzen können. Wirklicher Psychoterror ist bei mir als Leserin leider nie wirklich aufgekommen.

Valerie Sophie ist als Protagonistin ... – passiv ist eigentlich nicht das richtige Wort dafür, aber irgendwie hat es sich trotzdem so angefühlt. Zwar hat sie jede Situation gut durchdacht und durchaus auch gehandelt, wenn Handlungsbedarf bestand. Aber trotzdem hat sie sich im Laufe des Buches zu viel gefallen lassen. An dieser Stelle muss ich jedoch einlenken: das lag ganz einfach an der Thematik. Sowohl bei Stalking als auch bei Social Media Skandalen besteht nicht viel Handlungsspielraum, Val waren gewissermaßen die Hände gebunden. Dieses Empfinden ist also vermutlich einfach meinem persönlichen Lesegeschmack zuzuschreiben.

Zu meinen zwei größten Kritikpunkten:
Zum einen Paul als Charakter. Irgendwie tauchte er erst verhältnismäßig spät zum ersten Mal im Buch auf und bleibt dann auch als Person ziemlich blass und unausgereift. Das Einzige, was bei mir am Ende hängen geblieben ist von ihm, ist, dass er Val immer glaubt und dass er gefühlt alles für sie tun würde. Für mich war das eindeutig der Grund, weshalb auch die gesamte Liebesgeschichte nicht funktioniert hat: ohne gut ausgearbeitete Charaktere gibt es auch keine Chemie, keine Funken. Selbst Tizian, sozusagen der designierte Unsympath, hatte mehr Charakter als Paul.
Zum anderen war mir das Thema mit Vals düsterer Vergangenheit und ihrem dunklen Geheimnis, auf dessen Auflösung man ca. 350 Seiten wartet, viel zu schnell und unproblematisch abgehandelt. Meines Erachtens wurde auch ein relativ schwerwiegender Logikfehler an dieser Stelle übersehen (aus Spoilergefahr will ich nichts Konkretes darüber schreiben, aber wenn man das Ende von Insight gelesen hat, könnte man sich die zeitlichen Abläufe v. a. in Kapitel 4 nochmal genauer anschauen; für mich funktioniert die Buchauflösung dadurch nicht mehr ganz so reibungslos - vielleicht bin ich aber auch nur gerade blöd und verrenne mich in etwas).

Unabhängig davon war das Ende aber wirklich gut. Zwar hatte ich während der letzten 50 bis 70 Seiten bis kurz vor Schluss ein konstantes (berechtigtes!) Störgefühl bei der Auflösung, letztendlich wäre ich aber nicht auf diese Konstellation gekommen.

Fazit: Wenn man ein verqueres Ende lesen will und von ein etwas zäher Mittelteil nicht abschreckend wirkt (trotz allem: ich brauchte nur zwei Tage für das Buch!), dann ist Insight definitiv einen Versuch wert.
Wegen des Endes doch noch 3 Sterne.