Intensive Charakterstudien, aber mit Längen

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sonnenblumeberlin Avatar

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Sally Rooney bleibt ihrem bekannten Stil auch in Intermezzo treu: Der Fokus liegt weniger auf einem spannenden Plot als auf der intensiven Erkundung von Gefühlen und zwischenmenschlichen Beziehungen. In diesem Fall geht es um die Beziehung zweier Brüder, Peter und Ivan, die versuchen, nach dem Tod ihres Vaters einen Weg zueinander zu finden. Die psychologische Tiefe, mit der Rooney ihre Charaktere darstellt, ist beeindruckend, und auch hier beweist sie wieder ihr Talent, komplexe, dysfunktionale Beziehungen auf allen Ebenen zu sezieren.

Dennoch hatte ich Schwierigkeiten, in das Buch hineinzufinden. Besonders der Anfang zieht sich, und obwohl Rooneys Bücher häufig von einer gewissen Melancholie und Alltäglichkeit durchzogen sind, fühlte sich Intermezzo phasenweise schleppend an. Die Länge des Romans hat dabei nicht geholfen. Während in Normal People die emotionale Schwere stets einen starken Sog ausübte, war hier die Grenze zum monotonen Grübeln erreicht.

Was mich allerdings davon abgehalten hat, das Buch aus der Hand zu legen, waren die fesselnden Charakterstudien. Rooney gelingt es, die Persönlichkeiten von Peter und Ivan durch ihre jeweilige Erzählperspektive klar voneinander abzugrenzen. Peters Gedanken wirken oft sprunghaft und chaotisch, während Ivans Reflexionen ruhiger und strukturierter daherkommen. Dieser Wechsel im Stil reflektiert gekonnt die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Brüder und verleiht dem Roman eine gewisse Dynamik, auch wenn der Erzählfluss sonst eher ruhig bleibt.

Das Ende des Buches empfand ich als wohltuend – es schließt auf einer Note des Trostes, was dem melancholischen Ton des Buches eine gewisse Balance verleiht.