Mädchensommer

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wal.li Avatar

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Fast zufällig zieht die 16-jährige Marie mit auf den Bauernhof der Eltern ihres Freundes Johannes. Idyllisch gelegen in der hügeligen Landschaft Thüringens. Gerade sind die Grenzen geöffnet und die Wiedervereinigung steht bevor. Noch ist nicht viel davon zu spüren, doch die Veränderungen kündigen sich an. So kommt Johannes Onkel zu Besuch, der schon seit den 60ern in Bayern lebt und seine Heimat seitdem nicht mehr gesehen hat. Als Marie nach einem Besuch von ihrer Mutter zurück gebracht wird, haben die beiden einen Unfall. Zum Glück entsteht dabei kein großer Schaden. Aber es kommt zu einer schicksalhaften Begegnung des Nachbarbauern Henner mit Marie. Halb freiwillig, halb unter Druck folgt sie dem 40-jährigen auf seinen Hof.

In ruhigen Worten fließt diese Geschichte dahin und hat doch einen besonderen Reiz. In weiten Passagen wird der Sommer beschrieben, die Landschaft, das alltägliche Geschehen auf dem Bauernhof. Diese vordergründige Idylle des Landlebens, die sich wie ein Mantel über die unterschwelligen Begebenheiten decken kann. Marie und Johannes - das scheint eine feste Größe zu sein, etwas Gegebenes, dem Johannes gänzlich vertraut. Doch diese ungeplante Beziehung zu dem älteren Henner, irgendwie schlittert Marie da hinein, verfängt sich, empfindet zum ersten Mal wie eine Erwachsene. Doch kann es für die nun 17-jährige und den 40-jährigen Henner eine Zukunft geben. 

Der Sommer von Marie, ein Sommer der Veränderungen, der großen Gefühle, der Schwermut. Gerade dieses Alter im Leben oder besser die Jugend wird hier mit eindringlichen Worten geschildert. Die Unsicherheit, die Veränderbarkeit, die Beeinflussbarkeit. Man ist versucht sich an den eigenen Sommer, in dem man den 17. Geburtstag gefeiert hat, zu erinnern, die Veränderungen, die er brachte, die Umwälzungen oder die Erlebnisse, die in der Erinnerung geblieben sind und vielleicht sogar das weitere Leben geprägt haben. Dieses ruhige und stimmige Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin hat ein seltsam anrührendes und melancholisches Werk geschaffen, dass ich gerne weiter empfehle.