Jüdisches Schicksal, das sehr berührt

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klautschi Avatar

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Dr. Geller, auf den Namen Israel getauft, wusste, dass dieser Name nicht erfolgsversprechend klingt – zu jüdisch. Aus Israel wurde deshalb Isidor.

Isidor, aus ärmlichsten Verhältnissen in Galizien, schaffte durch seinen Ehrgeiz und kluges Agieren schon in jungen Jahren, nach seinem Studium der Jurisprudenz in Wien Reichtum anzuhäufen. Das Vermögen bezog er aus Schwarzmarktgeschäften im 1. Weltkrieg und Aktiengewinnen. Nach dem Krieg war er Multimillionär.

In Wien pflegte er Kontakte zur einflussreichen, besseren Gesellschaft, ging regelmäßig die Oper und lebte in einem namhaften Palais im 1. Wiener Bezirk. Er genoss sein Geld und alles Schöne, dass das Leben bieten konnte, wobei er immer großzügig seine Familie und Künstler*innen unterstützte. Dass sich das jemals ändern könnte, kam ihm nicht in den Sinn, auch nicht als bereits alles darauf hindeutete.

Kommerzielrat Dr. Isidor Geller war vielmehr der Überzeugung, ihn würden der Antisemitismus und die Ausschreitungen der Nazi nicht (be)treffen. Hätte er die Zeichen der Zeit erkannt, wäre es für ihn kein Problem gewesen auszureisen. Wie viele der Jüdinnen und Juden dachte auch Isidor Geller, dass die Schikanen nur vorübergehend seien, alles sich wieder beruhigen würde. Er war aber einer der Ersten in Wien, bei dem die Nazischergen vor der Tür standen.

Als er von den Nationalsozialisten gefangen genommen wurde, wurde sein komplettes Vermögen beschlagnahmt und sein Besitz enteignet. Er wurde gefoltert und gequält und starb an den Folgen. Seine letzte Ruhestätte fand er im jüdischen Teil des Zentralfriedhofes in Wien.

Die Autorin Shelly Kupferberg hat zu ihrem Großonkel in Wien sehr genau recherchiert und seine eindrucksvolle Lebensgeschichte zu Papier gebracht. Gerade solche Einzelschicksale verdeutlichen in berührender Weise, wie unfassbar das Agieren der Nationalsozialisten war.

Ein wichtiges Zeitdokument und hervorragend zu lesen.