Traurig, eindrückliche Zeitgeschichte

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luna80 Avatar

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„Dabei stoße ich immer wieder auf ihn: den schillernden Onkel Isidor. Ein Lebemann, der laut Familienüberlieferung nie geheiratet haben soll und keine Kinder hatte. Wenig ist von ihm geblieben. Nur ein großer Silberbesteckkasten samt Inhalt für 24 Personen.“

.. ein Satz von vielen, wie @shellykupferberg ihren Urgroßonkel Isidor in Ihrem Buch „Isidor. Ein jüdisches Leben“ beschreibt. Ich durfte der Autorin heuer auf der @buchwien lauschen, als sie von ihrer Recherche zum Buch und über Isidor erzählte. Da war es dann noch interessanter das Buch im Nachgang zu lesen.
Kupferberg recherchierte eine lange Zeit was Dr. Isidor Geller und ihrer Familie während der NS-Zeit alles widerfahren ist. Durch hohe Willenskraft und Unbeirrtheit trieb Isidor seinen sozialen Aufstieg in der K. u K. Hauptstadt voran. Er schaffte es in die „höchsten Kreise“ der Wiener Schickeria, ob kulturell oder gesellschaftlich. Das Leben war gut zu ihm. Bis zu jenem Tag, als Österreichs Anschluss an das Deutsche Reich passiert. Viel zu spät erkennt Isidor die Gefahr der Nazis, während andere jüdische Menschen bereits flohen oder deportiert wurden. Plötzlich ist er ein Feind, Aussätziger, Gejagter und gerät unter die Räder der antisemitischen Bevölkerung, die damit ihre Haut retten will. Zeitgleich aber ihren Freund Isidor verriet. Dies hatte zur Folge, dass Isidor ins Gefängnis geworfen wurde. Nach seiner Entlassung war er verpflichtet seine „Reichtümer“ an das Deutsche Reich zu überschreiben. Isidor verstarb kurz darauf anhand der Gewalttaten, die ihm im Gefängnis angetan wurden. Die Flucht gelang nur Walter, seinem Neffen. Er konnte nach Palästina fliehen.

Anhand von vielen Funden in Archiven, Zeitungsartikeln, Briefen, etc. nehmen wir als Leser*innen Teil am Leben von Isidor, oder Innozenz, oder Ignaz, oder Israel. Unheimlich berührend hat die Autorin die Lebensgeschichte verfasst, blieb immer respektvoll in ihren Beschreibungen.
Was Shelly Kupferberg hier auf Papier brachte, ist eine eindrückliche Lebensgeschichte einer Familie, die dem grausamsten Kapitel der Deutschen Geschichte zuzuschreiben ist. Eine Verbeugung vor Dr. Isidor Geller, der offenbar, trotz aller Widrigkeiten, nie vergaß wer er war und sich bis zum Tage seines Todes treu blieb.
Und was es mit dem silbernen Besteckkasten auf sich hat – das solltet ihr dringend selbst rausfinden: #leseempfehlung #neverforget