Zutiefst berührend

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Wie kann man die Geschichte seiner Familie erzählen? Wie kann man die Mechanismen von Inklusion, Exklusion und das Konstrukt Antisemitismus in einem literarischen Text darstellen?
In ihrem Roman nimmt uns @shellykupferberg mit in die Geschichte ihrer Familie und rekonstruiert die Biographie ihres Urgroßonkels Isidor, der eigentlich einmal Israel hieß. Isidor wird in eine orthodoxe jüdische Familie hineingeboren, strebt aber nach mehr: Mehr Freiheit, mehr Wissen, mehr Wohlstand. Er verlässt die beengten Verhältnisse, in denen die Familie lebt, und macht sich auf den Weg nach Wien, wo er Jura studiert und sich letztendlich zu einem „Selfmade man" wandelt. Er ändert seinen Namen, liebt Luxus und die Kunst, unterstützt seine Familie und ist gerne Gastgeber großer Gesellschaften. Er ist angekommen und ein fester Bestandteil der Wiener Gesellschaft. Antisemitismus erlebt er wenig. Dies ändert sich schlagartig mit dem Anschluss Osterreichs an das Deutsche Reich. Isidor ist eine der ersten Juden, die in Wien von der Gestapo verhaftet und gefoltert werden. Nach der Haft ist er ein gebrochener Mann. Seine Lebensgefährtin hat ihn verlassen, sein Vermögen wird beschlagnahmt, er wird sehr krank. Versuche, Österreich zu verlassen, scheinern an seinem Gesundheitszustand und an den komplizierten Auswanderungsbestimmungen, die für die jüdische Bevölkerung gelten. Bis zu seinem Tod bleibt seine Schwester an seiner Seite.
Viele Jahre nach seinem Tod begibt sich Shelly Kupferberg auf die Suche nach der Geschichte ihres Urgroßenkels und nimmt uns mit auf seine Reise in sein Leben. Das Leben wird realistisch dargestellt, bei der die Hauptfigur nicht stilisiert wird. Das hat mich sehr beeindruckt.
Das Buch habe ich an einem Tag gelesen und war zutiefst berührt. Ein wichtiges Werk, wenn wir uns mit dem Thema Antisemitismus auseinandersetzen.