Die Stärke der Frauen

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anna.liest Avatar

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Issa ist schwanger und sitzt deshalb im Flugzeug auf dem Weg nach Kamerun. Denn sie hat sich auf Drängen ihrer Mutter dazu bereit erklärt zu ihrer Familie zu fliegen um dort die üblichen Rituale durchführen zu lassen die ihre Ahnen beschwichtigen und für eine gute Schwangerschaft und ein gesundes Kind sorgen sollen. Zu ihrer Mutter hat sie ein schwieriges Verhältnis, zum Kindsvater ebenso, er möchte nicht dass sie fliegt. Die Sprache ihrer Großmutter in Kamerun spricht sie kaum bis gar nicht.
Und so fühlt Issa sich erstmal vollkommen verloren als sie dort ankommt. Es ist das Land ihrer Wurzeln und ihr doch völlig fremd. In Deutschland ist sie zu Schwarz, in Kamerun zu europäisch, nirgends passt sie wirklich rein.

Das Buch wird auf mehreren Zeitebenen erzählt. Es beginnt mit Issa 2006 und geht immer weiter zurück bis 1903 in die Kolonialzeit. Und diese beiden Tatsachen machen dieses Buch für mich so besonders: Mirrianne Mahns Fähigkeit die Geschichten von Issas Ahninnen so geschickt rückblickend zu erzählen dass jede für sich stehen kann, sie insgesamt am Ende aber so ineinander verflochten sind dass alle Fäden bei Issa und ihren Erlebnissen in Kamerun zusammenlaufen. Gleichzeitig schafft Mahn es ganz subtil wichtige Themen wie Alltagsrassismus, Sklaverei, Sexismus, Kolonialismus, weisse Vorherrschaft, Kultur und Glauben näher zu bringen. Ich habe selten so viele geschichtliche Hintergründe in einem Roman gelernt.
Im Mittelpunkt des Buches stehen die Frauen aus Issas Familie und ihre Beziehungen zueinander. Denn in einer Welt voller Gewalt und patriarchaler Strukturen ist der Zusammenhalt und die Solidarität unter Frauen oft das einzige was zählt und was sie dunkle Zeiten überstehen und überleben lässt.

Besonders zugänglich und locker ist der Schreibstil, der es mir leicht gemacht hat das Buch zu mögen. Dabei ist die Geschichte die erzählt wird so brutal und herausfordernd, denn sie ist mitunter voller Gewalt und Ungerechtigkeiten und fordert den Lesenden vieles ab was sie ertragen müssen. Doch den Frauen, die diese Gewalt tatsächlich erleben müssen, eine Stimme zu geben und ihnen zuzuhören ist das mindeste, was wir tun können