Die Verbindung zu den Ahninnen

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Issa ist schwanger und weiß nicht, was sie tun soll. Sich selbst darüber klar zu werden, ist schwierig, wenn man von allen Seiten Meinungen aufgedrückt bekommt. Also flieht sie in ihr Geburtsland Kamerun und widmet sich dort längst überfälligen Ritualen, die sie zur Erwachsenen und Mutter machen sollen.
Das ist nur ein Erzählstrang von „Issa“ von Mirrianne Mahn. Nicht nur Issas Geschichte wird erzählt, sondern auch die ihrer Vorfahrinnen, angefangen bei Ururgroßmutter Enanga, die von einem Deutschen vergewaltigt wurde, wodurch Marijoh gezeugt wird, die eine zentrale Rolle im Buch und in Issa Leben spielt, und zu meiner liebsten Figur geworden ist. Auch Issas Mutter und Großmutter bekommen eigene Kapitel, die sich traurigerweise alle ähneln.
Im Mittelpunkt stehen die Frau aus Kamerun, die durch die Gemeinschaft untereinander, sei es nun zwischen Müttern und Töchtern, Schwestern oder Ehefrauen (denn dort ist die Vielehe ein Zeichen von Macht und Reichtum) Halt finden und sie die Grausamkeiten überstehen lassen. Auch das sich fremd fühlen, spielt eine große Rolle, denn Issa ist zwar in Kamerun geboren, aber früh mit ihrer Mutter nach Deutschland gezogen und eckt in beiden Ländern an.
Der Roman ist auf vielfältige Weise wundervoll. Er gibt Einblicke, auch historische, in das Leben Schwarzer Frauen in Kamerun, wo die patriarchalen Strukturen noch mal anders greifen. Er zeigt, was Europa, speziell Deutschland mit der Kolonialisierung getan hat, was wir niemals vergessen sollten! Ich habe viel gelernt über die Kultur, über die Erziehung und das Mindset Schwarzer Frauen, was darauf fusst sich selbst zu schützen.
Der Wechsel der Perspektiven schenkt immer neue Sichtweisen. Mirrianne Mahns Stil ist szenisch mit erläuternden Passagen, teilweise Rückblenden, was die Konturen der Geschichte noch mal verschärft und ich sehr gelungen finde.
„Issa“ hat mich in vielerlei Hinsicht berührt und das Ende ist wunderschön und traurig zugleich. Ich möchte diesen Roman wirklich allen ans Herz legen.